2016-05-17 09:36:00

Papstinterview: Dialog mit Piusbrüdern läuft „langsam und geduldig“


Und wieder hat Papst Franziskus ein Interview gegeben: diesmal der französischen katholischen Tageszeitung „La Croix“. Er sprach über Klerikalismus, die Familien-Bischofssynode und die Null-Toleranz-Linie in den Pädophilie-Skandalen. Gleichzeitig dämpfte er Erwartungen nach einer raschen Einigung mit der traditionalistischen Piusbruderschaft.

Priester, Laien und Evangelisierung

Um die Botschaft des Evangeliums in die Welt zu tragen, brauche es „nicht notwendigerweise Priester“, sagte der Papst und verwies auf das Beispiel Koreas: Die Missionierung sei zwar durch Geistliche erfolgt, doch nach deren Rückzug hätten zwei Jahrhunderte lang Laien die Aufgabe der Evangelisierung übernommen. „Das ist ein Land der Heiligen und der Märtyrer mit einer sehr starken Kirche heute“, erklärte Franziskus. Er kennt Korea selbst von einem Besuch 2014.

Klerikalismus und Volksfrömmigkeit

Als Gefahr für den Weg der Kirche benannte der Papst einmal mehr den Klerikalismus. „Das ist eine Sünde, die man zu zweit begeht, wie den Tango!“, erklärte Franziskus, der in seiner Jugend selbst oft getanzt hat. „Die Priester wollen die Laien klerikalisieren und die Laien bitten darum, klerikalisiert zu werden, aus Bequemlichkeit.“ Das Problem des Klerikalismus sei besonders stark in Lateinamerika; erst kürzlich hatte Franziskus einen diesbezüglichen Brief an die päpstliche Lateinamerika-Kommission gerichtet. Die Volksfrömmigkeit sei dort folgerichtig deshalb stark, „weil sie die einzige Initiative der Laien ist, die nicht klerikal ist“. Umgekehrt bleibe die Volksfrömmigkeit „vom Klerus unverstanden“.

Kindesmissbrauch: Null Toleranz

Gefragt nach jüngst in Lyon aufgetauchten Fällen von Kindesmissbrauch durch Priester wiederholte Franziskus unter Verweis auf seinen Vorgänger Benedikt XVI.: „Die Toleranz muss bei null liegen“. Ein Priester, der ein Kind missbrauche, zerstöre es, anstatt es zu Gott zu führen. „Er sät das Böse, den Groll, den Schmerz.“ In Lyon habe Kardinal Barbarin die Dinge offenbar in die Hand genommen. „Er ist mutig, kreativ, ein Missionar“, und - nein, ein Rücktritt des Kardinals wäre zum jetzigen Zeitpunkt „leichtsinnig" und „nicht richtig".

Priesterbruderschaft St. Pius X.

Was die Piusbruderschaft anlangt, dämpfte der Papst Erwartungen nach einer raschen Einigung. Gegenüber La Croix bezeichnete Franziskus die Traditionalisten als „Katholiken, die auf dem Weg zur vollen Einheit sind“. Es gebe Dialog, der Obere der Bruderschaft Bischof Fellay sei „ein Mann, mit dem man reden kann“, anders als „andere, etwas merkwürdige Elemente wie Bischof Williamson oder andere, die sich radikalisiert haben“. Man gehe „langsam und geduldig voran“, so der Papst wörtlich. Bevor man freilich an eine volle Wiedereingliederung etwa in der kirchenrechtlichen Form einer Personalprälatur denken könne, müsse man „eine Grundlagen-Vereinbarung“ erlangen. „Das Zweite vatikanische Konzil hat seinen Wert.“ Papst Franziskus hatte die Piusbruderschaft als Erzbischof von Buenos Aires aus der Nähe kennengelernt.

Bischofssynode zu Ehe und Familie

„Ich denke, wir sind aus diesem Prozess alle anders herausgekommen, als wir hineingegangen sind. Ich auch“, bekannte der Papst freimütig. In seinem nachsynodalen Schreiben Amoris Laetitia habe er versucht, „die Synode maximal zu respektieren“. „Sie werden dort keine kirchenrechtlichen Präzisierungen darüber finden, was man tun darf und was nicht.“ Vielmehr sei das Schreiben eine „gelassene, friedliche Reflexion über die Schönheit der Liebe, die Erziehung der Kinder und die Vorbereitung zur Ehe“. Franziskus deutete an, der Päpstliche Laienrat könne bald „Leitlinien“ dazu erarbeiten. Über die Familiensynode hinaus gelte es, eine „echte katholische Synodalität“ zu entwickeln. „Die Bischöfe sind mit Petrus und unter Petrus“, das sei anders als die Synodalität der Orthodoxie oder mancher katholischer Ostkirchen.

Den zweiten Teil des Papst-Interviews mit La Croix - unter anderem über Flüchtlinge in Europa („Nicht irrational die Türen öffnen, sondern nach Ursachen fragen“),  das Kopftuch („eines zu tragen muss möglich sein") und über die gesunde Trennung von Kirche und Staat - lesen Sie hier.

(rv 17.05.2016 gs)








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