Papst zu Allerheiligen: Denken wir an unser Lebensende
Allerheiligen und
Allerseelen sind Feste der Hoffnung. Das sagte Papst Franziskus an diesem 1. November
im römischen Friedhof Campo Verano, wo er am Abend einen Gottesdienst feierte. Entsprechend
einem in vielen christlichen Gemeinden verbreiteten Brauch besuchte er einen Friedhof,
um aller Verstorbenen zu gedenken. So nahm Papst Franziskus eine Tradition wieder
auf, die unter Johannes Paul II. in den neunziger Jahren abgerissen war. Das Totengedenken
beider Feste richte sich nicht allein auf Vergangenes, sondern auch auf Zukünftiges,
auf uns selbst, leitete der Papst seine Predigt ein, die er frei hielt.
„Wir
sind hier noch vor der Abenddämmerung versammelt und denken an unsere eigene Zukunft.
Und wir denken an all jene, die uns verlassen haben. Sie sind nun beim Herrn. Sie
sind bereits dort, wo wir auch einmal hinkommen.“
Franziskus erinnerte
an die Vision des heiligen Johannes in der Geheimen Offenbarung, der auf das himmlische
Jerusalem schaut, das von einer großen Schar von „Erwählten“ bewohnt ist, die weiße
Gewänder tragen.
„Der Herrgott ist die Schönheit, Güte und Wahrheit. Er
ist aber auch die Zärtlichkeit und die volle Liebe. Das ist, was uns erwartet. Diejenigen,
die vor uns gegangen sind, befinden sich nämlich dort. Sie wurden gerettet, nicht
nur weil sie Gutes getan haben. Nein, sie sind gerettet vor allen Dingen, weil der
Herr der Erretter ist. Die Rettung ist etwas, was nur unserem Gott gehört. Er leitet
uns wie ein Vater. Er reicht uns die Hand, vor allem am Schluss unseres irdischen
Weges, und führt uns dorthin, wo unsere Vorfahren jetzt sind.“
Dann ging
der Papst auf die von Johannes beschriebenen „Weißbekleideten“ ein.
„Es
sind jene, die einen durchwühlten Weg gegangen sind und nun ihre Kleider reingewaschen
haben. Damit haben sie wieder weiße Kleider. Sie wuschen ihre Kleider im Blut des
Lammes. Wir kommen also in den Himmel nur durch das Blut des Lammes, also dank des
Blutes Christi. Dieses Blut Christi hat uns die Türen zum Himmel geöffnet.“
Das
Blut Christi sei auch ein Zeichen der Hoffnung, fuhr der Papst fort. Dies sei eine
Hoffnung, die niemals enttäusche.
„Wenn wir unseren Weg mit dem Herrn gehen,
dann können wir zuversichtlich sein, denn er enttäuscht uns niemals. Johannes sagte
seinen Jüngern: seht ihr, welche Liebe uns der Herr geschenkt hat, damit wir Kinder
Gottes genannt werden können? Wir sind es. Deshalb kennt uns die Welt sozusagen nicht,
weil wir Kinder Gottes sind. Doch das, was wir sein werden, ist noch gar nicht offenbart
worden. Wenn dies aber offenbart wird, dann werden wir auch sehen wie der Herr ist.
Wir werden sein wahres Antlitz sehen.“
Gott sehen und sein Ebenbild sein,
das sei die Hoffnung eines jeden Christen, so der Papst. Zu Allerheiligen sei es wichtig,
an die Hoffnung zu denken, fügte Franziskus an.
„Die Hoffnung begleitet
unser Leben. Die Urchristen benützen als Zeichen der Hoffnung das Symbol des Ankers.
Als ob das Leben ein Anker im Fluss sei und jeder von uns das Seil trägt, an dem dieses
Anker befestigt ist. Das ist ein schönes Bild. Diese Hoffnung ist, das Herz dort verankert
zu haben, wo unsere Vorfahren, alle Heiligen, Jesus und Gott sind. Das ist Hoffnung.“
Allerheiligen
und Allerseelen seien zwei Feiertage der Hoffnung.
„Die Hoffnung ist wie
Hefe. Sie lässt die Seele wachsen. Es gibt auch schwierige Momente im Leben, doch
die Hoffnung trägt uns vorwärts und lässt uns auf das blicken, was uns erwarten wird.
Heute ist ein Tag der Hoffnung! Unsere Brüder und Schwestern sind in der Gegenwart
Gottes anzutreffen. Auch wir werden dort sein und zwar einzig durch die Güte Gottes.
Doch wir müssen den Weg Jesu beschreiten.“
Jeder, der auf Jesus hoffe,
wird gereinigt sein, hieß es in der Lesung. Dann ging der Papst nochmals auf die Abenddämmerung
ein.
„Jeder von uns kann in diesem Moment an den Zeitpunkt denken, an dem
sein oder ihr Leben zu Ende geht. Wie wird mein Lebensende aussehen? Meines oder deines.
Wir alle werden ein Lebensende haben, alle. Blicke ich auf diesen Moment mit Hoffnung?
Blicke ich auf diesen Moment mit Freude, da ich vom Herrn aufgenommen werde? Das schenkt
uns Frieden. Heute ist ein Freudentag. Denken wir an all die Brüder und Schwestern,
die uns vorangegangen sind. Doch denken wir auch an unser eigenes Lebensende. Fragen
wir uns: wo ist unser Herz verankert? Falls unser Herz nicht richtig verankert ist,
dann überlegen wir uns, wie wir das ändern können. Denn die Freude des Herrn enttäuscht
uns nie.“
Mit Franziskus konzelebrierten sein Generalvikar für das Bistum
Rom, Kardinal Agostino Vallini, die römischen Weihbischöfe und der Pfarrer der nahegelegenen
Kirche San Lorenzo. Am Ende der Messe gedachte der Papst abermals im Gebet der Bootsflüchtlinge
vor Lampedusa und der toten Migranten in der Wüste von Niger, von denen er auch im
Angelusgebet gesprochen hatte.
„Ich möchte besonders für jene Brüder und
Schwestern beten, die in diesen Tagen starben, während sie Befreiung suchten und ein
würdigeres Leben. Wir haben die Fotografien gesehen, die Grausamkeit der Wüste, wir
haben das Meer gesehen, in dem so viele ertrunken sind. Beten wir für sie. Und beten
wir auch für jene, die sich retten konnten, und die in diesem Moment in so vielen
Aufnahmezentren dicht an dicht beieinander leben und hoffen, dass die Verwaltungsvorgänge
sich beschleunigen, damit sie anderswohin können und es in anderen Zentren etwas bequemer
haben.“