Kardinal Joseph Ratzinger warnt vor Pazifismus, der keine anderen Werte als sich selbst
anerkennt. In der römischen Tageszeitung "La Repubblica" beklagte er heute einen antichristlichen
Werteverfall in Europa und empfahl dagegen das amerikanische Gesellschaftsmodell. "Pazifismus,
der keine Werte mehr kennt, die verteidigungswürdig sind, ist als unchristlich abzulehnen",
schreibt der Präfekt der römischen Glaubenskongregation in einem öffentlichen Briefwechsel
mit Italiens Senatspräsidenten Marcello Pera. Diese Art von Friedensförderern ist
nach Auffassung des deutschen Kardinals gefährlich, da sie "jeder Sache den gleichen
Wert zuerkennt". Ein so begründeter Pazifismus bedeute Anarchie und diese bestreite
das Recht auf Freiheit, denn - so Ratzinger - wo alle Recht haben, hat keiner mehr
Recht". Gegen diese Art von Pazifismus stellt der oberste Glaubenshüter des Vatikans
die Vereinigten Staaten. Die dortige Gesellschaft sei von Glaubensgemeinschaften aufgebaut
worden, die vor dem europäischen Staatskirchensystem geflohen seien. Auch in den USA
sieht Ratzinger eine Trennung zwischen Staat und Kirche. Der Staat sei aber "nichts
anderes als Freiraum für verschiedene religiöse Gemeinschaften". (La Repubblica
23.11.04 bg)