2017-10-16 12:23:00

Papst vor FAO: Genug zu essen ist Recht eines jeden Menschen


Genug zu essen für alle, ohne migrieren zu müssen – das forderte Papst Franziskus im Rahmen seines Besuches am Sitz der Welternährungsorganisation FAO an diesem Montag. Er äußerte sich anlässlich des Welternährungstages, der am 16. Oktober begangen wird. In seiner Ansprache vor den FAO-Mitarbeitern und den Landwirtschaftsministern der G7-Staaten, die derzeit in Rom tagen, wies der Papst zum wiederholten Mal darauf hin, wie eng Hunger und Migration miteinander verbunden seien – und geißelte den zunehmenden Egoismus der Staaten, der dem Finden von globalen Lösungen für globale Probleme entgegensteht.

„Darüber nachzudenken, wie die Ernährungssicherheit auf Migrationsbewegungen Einfluss nehmen kann, heißt, von der Verpflichtung auszugehen, für die die FAO geboren ist, um sie zu erneuern. Die heutige Wirklichkeit verlangt eine größere Verantwortung auf allen Ebenen, nicht nur, um die notwendige Produktion oder eine gerecht Verteilung der Früchte der Erde zu garantieren – denn das sollte selbstverständlich sein – sondern vor allem um das Recht eines jeden Menschen zu schützen, sich seinen Bedürfnissen entsprechend zu ernähren sowie an den Entscheidungen, die ihn betreffen, und der Realisierung seiner Bestrebungen beteiligt zu werden, ohne sich von seinen Lieben zu trennen.“

Konflikte und Klimawandel Ursache für Hunger und Migration

Doch die Beziehung zwischen Hunger und Migration könne nur dann angegangen werden, wenn man zur Wurzel des Problems vorstoße, betonte der Papst. Technik und Wissenschaft seien mittlerweile an einem vielversprechenden Punkt angelangt, doch auch ihnen gelänge es nicht, die „Ausgrenzung eine großen Teils der Weltbevölkerung“ zu verhindern. Denn letztlich seien es die Konflikte und der Klimawandel, die Hunger und Migrationsbewegungen zugrunde lägen. Es nutze also nichts, den Welthunger und seine Opfer zu beklagen, wenn man sich nicht entschlossen für Frieden und Abrüstung einsetze.

„Was den Klimawandel betrifft, so sehen wir täglich seine Folgen. Dank unserer wissenschaftlichen Erkenntnisse wissen wir, wie wir die Probleme angehen müssen; und die Internationale Gemeinschaft hat auch rechtliche Mittel wie das Übereinkommen von Paris ausgearbeitet, von dem einige jedoch sich wieder entfernen. Die Achtlosigkeit gegenüber dem empfindlichen Gleichgewicht der Ökosysteme, die Anmaßung, die begrenzten Ressourcen der Erde zu manipulieren und zu kontrollieren, sowie die Profitgier kommen wieder an den Tag,“ so die Analyse des Papstes, der betonte, dass eine Änderung im Lebensstil und ein bewussterer Verbrauch der Ressourcen durch jeden Einzelnen unerlässlich seien: „Wir können uns nicht darauf beschränken, zu sagen, es wird sich schon jemand anderes darum kümmern“, mahnte er.

„Reduzieren ist einfach, teilen bedeutet eine Umkehr“

Jüngste Schätzungen zeigten, dass die weltweite Produktion an Getreide nochmals anwachsen werde – doch damit sei es nicht getan, denn Profitgier und Spekulation verhinderten, dass die vorhandenen Ressourcen gerecht verteilt würden. Für einige schiene es die Lösung zu sein, die Anzahl der Münder, die gesättigt werden müssten, zu verringern, so der Papst, doch dies „ist eine falsche Lösung, wenn man an das Ausmaß von Nahrungsmittelverschwendung und Konsummodelle, die viele Ressourcen verschwendeten, denkt. Reduzieren ist einfach, teilen hingegen bedeutet eine Umkehr, und das ist mit Arbeit verbunden.“

Liebe als internationales Prinzip

Es sei an der Zeit, das Prinzip der Mitmenschlichkeit und der Nächstenliebe, das so vielen Religionen und Kulturen gemein sei, in die internationalen Beziehungen zu überführen, ermunterte der Papst. Denn das Mitleid beschränkt sich auf Nothilfe, während es diese Art der „Liebe“ sei, die nicht nur die Lebensmittelsicherheit, sondern auch die globale Sicherheit der Menschheit garantiere.

Zwar hätten auch jüngere Ereignisse gezeigt, dass internationale Diplomatie die Gefahr des Einsatzes von Massenvernichtungswaffen abwenden könne. Doch die Gefahren von Armut und Ausgrenzung, die zu unaufhaltbaren Massenmigrationen führten, seien ebenfalls real, betonte Franziskus. „Sie [die Migranten, Anm.] können nicht durch physische, wirtschaftliche, gesetzliche oder ideologische Barrieren aufgehalten werden: nur eine kohärente Anwendung des Prinzips der Menschlichkeit kann dies. Hingegen wird die öffentliche Hilfe für Entwicklung immer geringer und multilaterale Einrichtungen werden in ihren Aktivitäten beschnitten, während man zu bilateralen Abkommen greift, die die Zusammenarbeit der eigenen Agenda oder speziellen Allianzen, oder noch einfacher, einer momentanen Ruhe, unterordnet.“

Zentral seien in diesem Zusammenhang Entwicklungsprojekte, die Arbeit schafften und Antworten auf die Armut und Klima- und Umweltkrisen lieferten, so der Papst. Denn es sei wesentlich billiger, Konflikten und Umweltzerstörung vorzubeugen, anstatt deren Folgen beseitigen zu müssen. Ziel müsse sein, eine angemessene Lebensmittelproduktion in den einzelnen Ländern zu fördern – und Phänomenen wie dem Land Grabbing, durch das die Erde der angestammten Bevölkerung zugunsten des Profits einiger weniger entzogen wird, entgegenzusteuern.

Ein Sinnbild für die Tragödie der Migranten

Ein kurzer, aber berührender Moment zeichnete den Beginn des Papstbesuches bei der FAO: Franziskus verweilte schweigend an einer Statue, die als Sinnbild für die Tragödie der unzähligen Migranten steht, die Hunger und Konflikte in die Flucht treiben. Papst Franziskus hatte sie anlässlich seines Besuches selbst gestiftet. Es handelt sich um eine aus Carrara-Marmor gefertigte Abbildung des syrischen Jungen Aylan Kurdi, der bei seiner Flucht über das Mittelmeer 2015 ertrank. Das Bild des an den Strand von Bodrum in der Türkei gespülten Kinderkörpers ging damals um die Welt. Die Statue wurde von dem italienischen Künstler Luigi Prevedel hergestellt, sie zeigt den hingestreckten Kinderkörper neben einem Engel, dem die Trauer und das Entsetzen über den Tod des Kindes ins Gesicht geschrieben steht. 

(rv 16.10.2017 cs)

 








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