2017-10-06 10:14:00

Australien: Kardinal Pell muss „Stellung nehmen“


Im Missbrauchsverfahren gegen den australischen Kardinal George Pell muss dieser sich ab 5. März 2018 einer umfassenden inhaltlichen Anhörung stellen. Das Amtsgericht in Melbourne befand an diesem Freitag in einer nur 20 Minuten dauernden Sitzung, das von der Staatsanwaltschaft vorgelegte Beweismaterial rechtfertige die Eröffnung einer Anhörung. Es war die zweite Sitzung des Amtsgericht zu diesem Fall. Noch ist offen, ob es zu einem Hauptverfahren gegen den prominenten Papstberater kommen soll. Dazu soll noch bei einer nächsten Sitzung aufgrund der Aussagen von rund 50 Zeugen und einem „umfänglichen“ Beweismaterial darüber befunden werden.

Der jetzige Entscheid besagt also „nur“, dass Kardinal Pell auf jeden Fall Stellung zu den Vorwürfen nehmen muss. Pells Anwalt Robert Richter kündigte an, die Verteidigung werde beweisen, dass einige der Dinge, die seinem Mandanten vorgeworfen werden, niemals stattgefunden hätten. Einzelheiten der Anklage wurden auch in der Sitzung am Freitag nicht bekannt. Papst Franziskus hatte den 76-jährigen Kurienkardinal für die Prozessdauer von seinen Aufgaben als Finanzminister des Vatikans freigestellt.

Persönlich anwesend

Wie schon beim Beginn des historischen Verfahrens Ende Juli war Pell auch am Freitag vor Gericht persönlich anwesend. Das Interesse der Öffentlichkeit war jedoch nicht so groß wie zum Prozessauftakt, zu dem Hunderte Journalisten aus aller Welt nach Melbourne gekommen waren. Dennoch meldeten Medien – auch im deutschsprachigen Raum – an diesem Freitag, Pell sei „von einer wütenden Menge begrüßt worden“.

Die Polizei hatte Pell im Juni wegen des Verdachts auf sexuellen Missbrauch männlicher Jugendlicher angeklagt. Pell war bereits im Oktober 2016 in Rom von australischen Polizisten zu den Missbrauchsvorwürfen verhört worden. Er bestreitet die Vorwürfe entschieden. Der ehemalige Erzbischof von Melbourne und Sydney gilt als der ranghöchste katholische Geistliche, der sich bisher einem Missbrauchsverfahren stellen musste.

Epizentrum des Missbrauchsskandal

Die Diözese Ballarat in der Nähe von Melbourne gilt als das Epizentrum des australischen Missbrauchsskandals. In diesem spielt Pell schon lange eine zentrale Rolle – sowohl als Kämpfer gegen Missbrauch als auch als jemand, der als Priester in Ballarat (1976-80) und später als Erzbischof von Melbourne (1996-2001) an der Verheimlichung von Missbrauchsfällen beteiligt gewesen sein soll. Hinzu kommen die Vorwürfe, selbst zu den Tätern zu gehören. 2002 war Pell von einer Untersuchungskommission der Erzdiözese Melbourne aus Mangel an Beweisen von einem Missbrauchsvorwurf freigesprochen worden. Ein Mann hatte Pell beschuldigt, ihn als Zwölfjährigen in einem Jugendlager sexuell missbraucht zu haben.

(kna/reuters 06.10.2017 mg)








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