2017-09-14 11:39:00

Papstmesse: Kein Kreuz ohne Christus - kein Christus ohne Kreuz


Die Sommerpause ist vorüber, die Morgenmessen in Santa Marta sind wieder gestartet: Papst Franziskus hat an diesem Donnerstag im vatikanischen Gästehaus in seiner Predigt über die „Kreuzerhöhung“ gesprochen; an diesem Tag feiert die katholische Kirche das Kreuzfest. Franziskus warnte vor zwei spirituellen Versuchungen: es sei nicht hinnehmbar, sich Christus ohne Kreuz und ein Kreuz ohne Christus vorzustellen. Dies mache im ersten Fall Christus zu einem einfachen „spirituellen Meister“, während es sich im zweiten Fall geradezu um einen „spirituellen Masochismus“ ohne Heilsgewissheit handele, so Franziskus wörtlich.

Das Herzstück der Überlegungen des Papstes war das „Geheimnis der Liebe“ und zwar jener Liebe, die vom Kreuz ausgeht. Ausgehend von den Lesungen und vor allem dem Tagesevangelium (Joh 3, 13-17) ging Franziskus auf die Bedeutung des Kreuzes ein. In der Liturgiefeier wird das Kreuz als ein Baum beschrieben, der „edel und treu“ sei. Es sei aber nicht immer leicht, diese Bedeutung zu verstehen, räumt der Papst ein. Nur im Gebet könne man diesem „Liebes-Geheimnis“ auf den Grund gehen, fügte er an. Wie es im Johannes-Evangelium heißt, hatte Jesus gegenüber Nikodemus zwei Verben benutzt, die dem Papst wichtig erschienen: hinauf- und hinabsteigen. Jesus ist vom Himmel hinabgestiegen, um die Menschen in den Himmel hinaufsteigen zu lassen, fasste Franziskus sein Konzept zusammen.

In der Ersten Lesung aus dem Paulus-Brief an die Philipper (Phil 2, 6-11) drückte der Apostel es folgendermaßen aus: Jesus habe „sich erniedrigt“ und „entäußert“; er sei Gott bis zum Tod am Kreuz gehorsam gewesen.

„Das ist das Hinabsteigen Jesu: bis hinunter zur Schmach. Er entäußerte sich der Liebe wegen und aus diesem Grund hat Gott ihn erhöht und ihn hinaufsteigen lassen. Nur wenn wir es schaffen, dieses Hinabsteigen bis ans Ende zu verstehen, dann können wir auch das Heil verstehen, welches wir von diesem Geheimnis der Liebe erhalten.“

Das alles sei nicht einfach, so der Papst, denn die Versuchungen könnten dazu führen, dass man dies alles nicht einsehen will oder nur Halbwahrheiten sieht. Er bezog sich wiederum auf den Apostel Paulus, der zu „den Galatern ein deutliches Wort“ gesprochen habe, als sie der Versuchung nachgegeben hatten, „nicht ins Geheimnis dieser Liebe einzutreten sondern sie zu erklären.“ So wie die Schlange Eva verführt und die Israeliten in der Wüste vergiftet habe, so seien sie der Illusion erlegen, dass es Christus ohne Kreuz oder ein Kreuz ohne Christus geben könne. Ein Christus ohne Kreuz klinge jedoch eher nach einem „spirituellen Meister“, der dich ruhig nach vorne bringt, aber…

„Ein Christus ohne Kreuz ist nicht der Herr: es ist ein Lehrmeister und mehr nicht. Das ist vielleicht das, was Nikodemus unbewusst gesucht hat. Und das ist eine der Versuchungen. Ja, Jesus ist zwar ein guter Meister, aber ohne Kreuz, einfach nur Jesus. Wer hat euch mit diesem Bild bezaubert? Der Zorn des Apostels Paulus, als man ihm von Jesus Christus sprach, aber nicht gekreuzigt. Die andere Versuchung ist jene des Kreuzes ohne Christus. Da geht es um die Angst, tief zu sinken, alleine zu sein und von der Sünde zerquetscht zu werden und ohne Hoffnung zu sein. Das sieht eher nach einem spirituellen Masochismus aus. Nur das Kreuz, aber ohne Hoffnung und ohne Christus.“

Doch ein Kreuz ohne Christus wäre dann im Gegensatz zum Geheimnis der Liebe ein „Geheimnis der Tragödie, ähnlich wie in einer heidnischen Tragödie, wie man sie in der Antike kannte, fügte Franziskus an.

„Doch das Kreuz ist ein Geheimnis der Liebe, das Kreuz ist treu und edel. Heute sollten wir einigen Fragen ein bisschen Zeit widmen: Ist denn der gekreuzigte Christus für mich wahrlich ein Geheimnis der Liebe? Folge ich einem Jesus ohne Kreuz, der ein spiritueller Meister ist und mich einfach nur beruhigt und schöne Ratschläge erteilt? Oder folge ich einem Kreuz ohne Jesus, indem ich mich immer beschwere und so zu einem „Masochisten“ im Geiste werde? Lasse ich mich von diesem Geheimnis des Hinabsteigens leiten, das einen komplett entäußert und gleichzeitig zum Herrn hinaufsteigen lässt?“

Und der Papst beendete seine Gedanken mit einem Wunsch: „Möge der Herr die Güte schenken, ich sage ja nicht das Geheimnis der Liebe zu verstehen, aber zumindest zu gewähren, in dieses einzutreten… dann können wir mit dem Herzen, mit dem Verstand, mit dem Körper - mit allem – zumindest etwas davon verstehen.“

(rv 14.09.2017 mg)








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