2017-06-04 08:00:00

WFP-Direktor: „Hunger ist real – und keine Fake-News!“


„Hunger ist real – und keine Fake-News!“ Das sagt einer, der es wissen muss: der neue Exekutivdirektor des Welternährungsprogrammes WFP, David Beasley. Er äußerte sich diese Woche bei einem Hintergrundgespräch mit deutschsprachigen Journalisten in Rom. Im Gespräch zeigte er sich zuversichtlich, dass auch die neue US-Regierung den Wert seiner Einrichtung zu schätzen lerne – und das auch im bald verabschiedeten neuen Haushaltsplan der Regierung zu Buche schlagen werde. Der US-Amerikaner und frühere Gouverneur von South Carolina Beasley hat erst im April den Posten seiner Vorgängerin Ertharin Cousin übernommen, doch er kann auf eine erfolgreiche Politikkarriere und langjährige humanitäre Erfahrung verweisen. Auf die Haushaltspläne der US-Regierung angesprochen, sprach er jedenfalls Klartext:

„Ja, das ist eine schwierige Geschichte. Sie haben den Haushaltsvorschlag gesehen, den das Weiße Haus  letzte Woche herausgegeben hat, und der schlichtweg ein Desaster war! Ein absolutes Desaster. Aber die gute Nachricht ist, dass der Senat und das Abgeordnetenhaus in der Geschichte stets ein außerordentliches parteiübergreifendes Engagement für humanitäre Hilfe auf der ganzen Welt an den Tag gelegt haben und dies auch jetzt tun. Die Vereinigten Staaten sind stets ihren humanitären Verpflichtungen nachgekommen. Und nun Partner zu sein von Ländern wie Deutschland und anderen – das ist wirklich großartig.“

Kürzung der Mittel für UN-Programme

Um rund ein Drittel sollten die Mittel der USA für UN-Programme gekürzt werden, stand im Entwurf für den US-Haushalt. Doch er habe nicht nur die Hoffnung, sondern auch die Erwartung, dass der Senat und die Abgeordnetenkammer die historisch belegte Großzügigkeit des amerikanischen Volkes weiter führen werden, so Beasley. Im Jahr 1961 gegründet, ist das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen mit Sitz in Rom deren wichtigster Akteur bei der Bereitstellung von Nahrungsmitteln in Krisensituationen. Angesichts steigender globaler Herausforderungen, die durch zahlreiche bewaffnete Konflikte auf dem Planeten verschärft werden, stieg auch das Budget der Einrichtung auf mittlerweile sechs Milliarden Dollar jährlich an. Das Problem: Das WFP ist von freiwilligen Geldspenden von Geberländern, aber auch von Privatpersonen abhängig. Umso mehr hängt also vom Budgetplan der US-amerikanischen Regierung für die kommenden Jahre ab. Doch er sei zuversichtlich, erklärt Beasley:

„Ich denke, auch Präsident Trump wird den Wert dieser Programme erkennen denn, wenn du Amerika wirklich an erste Stelle setzen willst, dann musst du diese Programme finanzieren. Denn wenn du das nicht tust, dann kannst du ruhig noch eine Billion Dollar für Militäroperationen drauf schlagen: weil dieses Programm stoppt Extremismus, das Welternährungsprogramm stoppt Migration.“

„Das Welternährungsprogramm stoppt Extremismus“

Und davon ganz abgesehen, so verriet der bestens vernetzte amerikanische Politiker, der Mitglied der Republikaner ist: Bevor er den Posten als Exekutivdirektor akzeptiert habe, habe er sich von politischen Führern in Senat und Abgeordnetenhaus persönlich versichern lassen, dass sie ihn bei seiner humanitären Arbeit unterstützen werden – im vergangenen Jahr stellten die USA rund zwei Milliarden US-Dollar für das Welternährungsprogramm zur Verfügung, vor der Europäischen Union und Deutschland mit jeweils rund 900 Millionen Dollar.

„Das sind schwierige, aber auch interessante Zeiten,“ so die Einschätzung Beasleys. „Aber wir werden hart arbeiten, um die Finanzierung durch die USA zu sichern. Denn, das habe ich versucht, vielen unserer amerikanischen Freunden zu erklären, das Geld, das sie für 2017 erhalten, ist in etwa das gleiche, wenn nicht etwas mehr, wie das im Jahr 2016. Aber wir haben 28 Millionen Menschen mehr, die Hunger leiden und nicht wissen, woher sie das nächste Essen nehmen sollen – und diese allein nur aufgrund der vier menschengemachten Krisen.“

Famine-Länder: Sorgenkinder der Weltgemeinschaft

Der Jemen, Somalia, Südsudan und Nordostnigeria sind die derzeitigen neuen Sorgenkinder der Internationalen Gemeinschaft. In den vier so genannten Famine-Ländern stehen aktuell knapp 30 Millionen Menschen vor einer Hungersnot – eine Krise nie gesehenen Ausmaßes, betont auch Beasley. Es sei frustrierend, dass man in den Medien so viel über Präsident Trump, die französische Präsidentschaftsanwärterin Le Pen und andere Politiker lese, die die öffentliche Meinung beschäftigten – und so wenig über diese neuen Krisenherde der Welt. Immerhin, in seiner jüngsten „Supplemental Appropriations Bill“ von Anfang Mai habe der Kongress für diese Länder eine knappe Milliarde Dollar Soforthilfe in Aussicht gestellt – diese müsse nun nur noch durch das Weiße Haus genehmigt werden – „was eine eigene Geschichte ist“, so der WFP-Direktor. Aber, so betonte er kämpferisch: „Ich kann Ihnen versichern, das wird keine Fake-News sein, wenn Kinder sterben müssen, weil wir die Finanzierung nicht genehmigt haben, das wäre nicht zu tolerieren und ich glaube nicht, dass das amerikanische Volk dahinter stünde.“

Begeistert zeigte sich der neue Exekutivdirektor hingegen von der Hingabe und Kreativität, mit der seine rund 14.000 Mitarbeiter an ihre tägliche Arbeit herangingen. Rund 90 Prozent der Menschen, die für das WFP arbeiten, sind in den Krisenherden der Welt stationiert und dort mit der Verteilung der lebenswichtigen Nahrung und anderer Hilfsgüter beschäftigt. Beasley war in den vergangenen Wochen  unter anderem im Südsudan, in Somalia und in Kenia, um sich vor Ort ein Bild von der Lage zu machen und die dortigen WFP-Einrichtungen zu besuchen.

Zusammenarbeit mit dem Papst

Papst Franziskus war der erste Papst, der im Juni 2016 das Welternährungsprogramm besucht hatte. Dabei hatte er die oft gefährliche Arbeit der WFP-Mitarbeiter im Kampf gegen den Welthunger gewürdigt. Eine eigene Gedenktafel am Sitz der Einrichtung erinnert an die Menschen, die bei ihrer humanitären Tätigkeit ums Leben gekommen sind. Beasley hat den Papst noch nicht getroffen – doch er freue sich auf die Zusammenarbeit mit ihm, verriet er uns noch. „Ich denke, dieser Papst ist wundervoll. Ich freue mich darauf, ein wenig Zeit mit ihm zu verbringen und von ihm inspiriert zu werden, so wie ich selbst ihn hoffentlich auch ein wenig inspirieren kann in Hinblick darauf, wie viel wir zusammen tun könnten, denn das passt einfach auf natürlich Weise mit seiner Einstellung zusammen.“

(rv 04.06.2017 cs)

 








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