2017-05-29 13:10:00

Burkina Faso: Westafrikas Herausforderung ist der Dialog


Der Vormarsch des Islam in Westafrika weckt Sorgen für das friedliche Zusammenleben der Religionen. Denn im Wachsen begriffen sind auch kleine Gruppen, die den Islam benutzen, um Gewaltakte zu rechtfertigen. Diese Gruppen heißen Boko Haram, Aqmi oder Shabab, aktiv sind sie im Sahel, in Nigeria oder auch im weit entfernten ostafrikanischen Somalia.

Dabei ist ein gemäßigter Islam bereits seit dem 9. Jahrhundert auf dem afrikanischen Kontinent vertreten. In Ländern wie dem Senegal mit seiner muslimischen Bevölkerungsmehrheit funktioniert das Zusammenleben verschiedener Religionen vorbildlich. Damit das so bleibt, ist Reden das Gebot der Stunde: der interreligiöse Dialog, auf allen Ebenen. Das betont im Gespräch mit Radio Vatikan Pater Jean Paul Sagadou aus Burkina Faso, er ist verantwortlich für die Afrika-Seite der französischen katholischen Tageszeitung La Croix.

„Es gibt ganz offensichtlich eine Schlagkraft des salafistischen Islam in einigen Ländern. Das ist minoritär, aber die Sorge ist trotzdem groß. Heute kann man von mehreren Typen von Islam auf dem Kontinent sprechen. Sie haben den gemäßigten Islam und auch den Sunnismus, der von seinen Anfängen her eher eine Form der kulturellen Aneignung des Islam durch die traditionellen afrikanischen Religionen ist,  und das war in Ordnung. Aber wir müssen sehen, dass seit einigen Jahren Strömungen im sunnitischen Islam stark werden, die zum Salafismus und zum Wahabismus führen - und die sich heute auf dem Kontinent verbreiten. Diese Zweige aber sind geprägt von einer gewaltbereiten Ideologie des Islam, und das ist eine Bedrohung für den Kontinent.“

Jugendliche, die sich ködern lassen

Die Bedrohung durch diese extremen Formen des Islam hat aus Sicht des Paters vor allem zwei Gründe: das geopolitische Umfeld und die Realität der Armut auf dem Kontinent. „Das erleichtert die Installation dieses radikalen Islam, die mit der wirtschaftlichen Macht, mit dem Geld kommt“, so der Pater. „Westafrika und überhaupt Afrika ist nach wie vor ein armer Kontinent, gezeichnet von Arbeitslosigkeit. Da lassen sich nicht wenige Jugendliche ködern, sie müssen ja von etwas leben. Da werden ihnen Versprechungen gemacht, und sie haben nicht unbedingt die Mittel, gut zu unterscheiden, was Elemente des Destruktiven sind und was Elemente des Aufbaus.“

Genau aus diesem Grund müssen alle gemäßigten Religionen auf die Ausbildung ihrer Geistlichen und auf die Bildung der jungen Generationen setzen, unterstreicht der Ordensmann. Die afrikanischen Bischofskonferenzen seien inzwischen „sehr sensibel für diese Frage“, auch wenn vielleicht hie und da in den afrikanischen Priesterseminaren die Frage des interreligiösen Dialogs noch etwas zu vortragshaft geschehe, anstatt sich einmal einen echten Imam ins Seminar zu holen und mit ihm zu debattieren, wie der Pater anregt. „Wo es etwas schwieriger ist, ist beim Islam. Aber ich glaube, wenn man den Dialog auf mehreren Ebenen betreibt, auch mit traditionellen Religionen, mit christlichen Kirchen und mit Muslimen, in einem Land wie Burkina Faso oder Senegal, dann kann er ein Ort sein, wo die Religionsverantwortlichen sich bewusst werden, wie wichtig die Bildung und Ausbildung der Imame und der Gläubigen ist, so dass sich kein Imam mehr zu einer Hasspredigt hergibt.“

Afrika ist nicht zur Gewalt verurteilt

Selbst die großen afrikanischen Institutionen wie die Afrikanische Union oder die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft CEDEAO hätten heute entdeckt, dass der Dialog zwischen den Religionen in Afrika unumgänglich ist, betont Sagadou. In Symposien und Foren werde da an die Religionsführer appelliert, ihre Leute zu sensibilisieren für die Anliegen des Dialogs. Doch genügen all diese Anstrengungen, wenn zugleich immer mehr Schreckensmeldungen über Bluttaten fanatisierter Attentäter aus Afrika kommen? Hat Afrika überhaupt eine Chance auf Frieden der Religionen? Die Frage ist nicht ganz unberechtigt, räumt Sagadou ein.

„Ich habe aber den Eindruck, dass diese Sorge von allen gehört wird, angefangen bei den Politikern und den Religionsführern. Heute gibt es enorme Initiativen auf dem Kontinent, die arbeiten gegen das Anwachsen des radikalen Islam. Ich verzweifle nicht. Ich meine, dass wir nicht verurteilt dazu sind, ein Kontinent zu sein, der auf immer mehr Gewalt zugeht. Jetzt müssen wir alle unsere Energie darauf richten, die Jugendlichen zu erziehen, ob sie christlich sind oder muslimisch oder ob sie traditionellen Religionen angehören: Sie alle brauchen eine Bildung, die ihre Horizonte öffnet, damit sie sich nicht einfangen lassen von Ideologien.“

(rv 29.05.2017 gs)








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