2017-03-28 10:52:00

Irak: „Dschihadisten benutzen Bürger als Schutzschilder“


Die irakische Metropole Mossul soll von den islamistischen Terroristen des Islamischen Staats befreit werden. Doch Bombardements der US-Koalition, die den Vorstoss der irakischen Armee nach West-Mossul unterstützen sollen, haben für den Tod von Hunderten Zivilisten gesorgt - und deswegen scheint sich die Stimmung bei den in der Stadt Eingeschlossenen gegen die Befreier-in-spe zu wenden. Der chaldäische Patriarch von Bagdad, Erzbischof Louis Sako, weiß, weshalb es so schwer ist, die Millionenstadt im Norden des Irak zu befreien.

„West-Mossul ist die Altstadt von Mossul. Das heißt, die Häuser stehen eng beieinander; es gibt keine breiten Straßen, sondern nur enge Gässchen. Autos kommen da gar nicht rein, und man kann dort höchstens mit dem Fahrrad fahren. Deshalb ist der Krieg dort extrem kompliziert und gleichzeitig tragisch. Was soll man da tun? Wie kann man diesen Teil der Stadt befreien? Das Problem ist, dass die Dschihadisten die Bevölkerung als Schutzschilder benutzen - das ist die eigentliche Tragödie!“

Wie Patriarch Sako erläutert, sind zwischen 60 und 70 Prozent von Mossul befreit. Das sind vor allem die modernen Stadtviertel auf der Ostseite des Tigris. Hier ist es der Armee gelungen, ein Gemetzel zu verhindern. Doch die Rezepte verfangen in der Altstadt nicht: Entweder nimmt die irakische Armee die Stadt mit Gewalt ein und vertreibt die Islamisten - und das geht nicht ohne zivile Todesopfer. Oder die Islamisten halten sich in West-Mossul und erhalten womöglich noch Unterstützung durch die Bevölkerung, weil die das Terrorregime immer noch einem Tod durch Bombardements vorziehen könnte. Eine furchtbare Alternative.

„Allein letzte Woche sind 500 Bürger unter den Trümmern zerstörter Häuser tot geborgen worden. Wir als chaldäische Kirche haben einen Appell veröffentlicht, in dem wir den Opfern dieses Krieges unsere Nähe bekunden. Wir dürfen aber auch nicht die geflüchteten Familien vergessen: Bisher konnten 210.000 Menschen aus Mossul entkommen. Sie leben jetzt unter oft sehr menschenunwürdigen Bedingungen. Wir werden nächste Woche Hilfsgüter zu den Flüchtlingen bringen. Mossul ist schließlich die Wiege unserer Kirche.“

(rv 28.03.2017 mg)








All the contents on this site are copyrighted ©.