2016-11-08 11:07:00

Missbrauchsfälle in Österreich: Objektive Wahrheit gesucht


Die Missbrauchsskandale in der katholischen Kirche im deutschen Sprachraum beschäftigen auch heute noch die Bistümer. Nachdem Ombudsstellen eingerichtet, Beauftragte bestimmt und Zahlungen an die Opfer getätigt wurden, geht es nun um eine komplexere Aufarbeitung. Das sagt im Gespräch mit Radio Vatikan der Gerichtsvikar der Erzdiözese Salzburg, Hans Reissmeier. Er war einer der ersten in Österreich, der sich um die Aufarbeitung der Fälle gekümmert hat.

„Wir sind so weit, dass allgemein gesagt wird, die katholische Kirche in Österreich versucht mit dem Thema verantwortlich umzugehen“, so Reissmeier. Die Aufarbeitung der Fälle in der Alpenrepublik stand unter dem Motto „Die Wahrheit wird euch befreien“, erinnert der Gerichtsvikar weiter. Das sei aber auch die schwierigste Frage an der ganzen Aufarbeitung, fügt er an, „weil es so schwer ist, die Wahrheit im Sinne der objektiven Wahrheit zu finden.“ „Die subjektive Wahrheit vom Betroffenen ist einfach da, und ich habe noch nie in diesem Zusammenhang davon gesprochen, dass jemand lügt. Jeder bringt seine subjektive Wahrheit.“

Es sei ein schwieriges Unterfangen für die Kirche herauszufinden, was denn wirklich geschehen sei, so Reissmeier. In Österreich habe man den nicht-juristischen Weg bevorzugt. Das sei konkret die sogenannte Klasnic-Kommission, mit der man allen Opfern „unglaublich weit“ entgegenkomme, sagt Reissmeier.

„Also man bringt ihnen so viel Vertrauen entgegen, dass andere Problem wiederum entstehen - nämlich Fälle, wo Priester beschuldigt wurden, die aber sicherlich nichts getan haben. Das ist also die ganz große Schwierigkeit, mit der wir uns jetzt auseinandersetzen müssen.“

Auf der gerichtlichen Ebene gebe es für die Kirche in Österreich – was aber auch für die anderen deutschsprachigen Ländern gilt – ein großes Problem: „Wir tun was wir können. Aber wir am Kirchengericht haben bei weitem nicht die methodischen Möglichkeiten wie eine staatliche Strafverfolgungsbehörde. Wir können beispielsweise einen Zeugen nicht zwingen, zu uns zu kommen. Die kommen alle freiwillig. Das sind ganz konkrete Schwierigkeiten, mit denen wir zu tun haben.“

(rv 08.11.2016 mg)








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