2016-08-25 11:09:00

Frieden in Kolumbien? „Das Durchhaltevermögen hat sich gelohnt"


Papst Franziskus und UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon sind unter denjenigen, die nach einem möglichen Friedensschluss in Kolumbien dabei helfen sollen, Stabilität zu garantieren, sie gehören zu einer Gruppe, welche die Richter aussuchen soll, die sich um die Sondergerichtsbarkeit nach dem Ende der Rebellion kümmern. An diesem Mittwoch hatten in Havanna die Rebellengruppe der Farc und die Regierung Kolumbiens einen Text unterzeichnet, und damit „definitiv eine Übereinkunft über alle auf der Agenda stehenden Punkte zur Beendigung der Konflikte und zum Aufbau eines stabilen und andauernden Friedens in Kolumbien erreicht“, wie es in der Erklärung heißt. Damit gibt es Hoffnung, dass einer der ältesten Bürgerkriege der Welt zu Ende gehen wird.

Die Einbeziehung des Papstes melden der Sonderbeauftragte der Bundesregierung, Tom Koenigs, und das Hilfswerk Adveniat.

Seit 2012 verhandeln die Konfliktparteien in La Havanna in Kuba, am Tisch saßen die Regierung Kolumbiens und die Rebellenorganisation Farc unter Vermittlung von Raúl Castro, dem Staatschef Kubas. Die Übereinkunft soll nun am 2. Oktober in einer Volksabstimmung angenommen werden, so hat es Kolumbiens Staatschef Manuel Santos festgelegt.

Papst Franziskus hilft bei Auswahl von Richtern

Monika Lauer Perez ist Länderreferentin für Kolumbien beim Hilfswerk Adveniat und blickt auf einen Prozess zurück, der schwierig war und immer wieder zu stocken drohte, jetzt aber immerhin bei einer schriftlichen Übereinkunft gelandet ist. Sie hält die Übereinkunft zurecht für historisch, zu häufig habe der Prozess vor dem Aus gestanden. „Da hat sich das Durchhaltevermögen gelohnt, zu zeigen, das nicht alles mit Gewalt ausgehandelt werden muss“.

„Das bestmögliche Abkommen“, sagte in Havanna der Verhandlungsführer der Regierung, Humberto De La Calle. Alle verhandelnden Parteien hätten gezeigt, dass sie sich bewegen könnten, so Lauer Perez, und das gehen vorher gemachte Versprechen, auf keinen Fall nachzugeben.

In den wichtigsten Punkten einigt man sich

Sechs Punkte enthält die Übereinkunft, als erstes wird eine Landreform genannt, dann geht es um politische Partizipation der dann ehemaligen Rebellen, es geht um die Aufgabe der Kämpfe, um den Kampf gegen den die Farc finanzierenden Drogenhandel, um die Opfer und um Mechanismen der Umsetzung der Übereinkunft. Es soll ein Justizwesen zur Aufarbeitung geben, dazu werden die Sonderrichter ernannt werden. „Überraschend sind diese sechs Punkte alle nicht“, urteilt Lauer Perez. Einige Punkte wie etwa die Landreform seien immer schon die Anliegen der Rebellen gewesen, andere wie der Drogenhandel, der den Konflikt erst in die Länge gezogen hat, seien erst später dazu gekommen. „Überraschend ist, dass man in allen Punkten zu einer Einigung gekommen ist.“ Aber Lauer Perez warnt auch gleich: „Das steht jetzt erst einmal auf dem Papier, wie das dann umgesetzt werden wird, ist noch eine ganz andere Frage.“

Vorsichtig hoffnungsvoll

Diese Vorsicht teilt die Länderreferentin mit der Kirche des Landes, die Bischöfe haben sich in einer ersten Reaktion hoffnungsvoll gezeigt, aber vor Euphorie gewarnt. „Erst einmal verfügt Kolumbien gar nicht über die Institutionen, die in der Lage sind, dies alles umzusetzen“, urteilt die Expertin. „Und es ist noch nicht klar, ob wirklich alle Guerilleros bereit sind, ihre Waffen nieder zu legen.

Als nächstes soll es am 2. Oktober ein Referendum geben. Ob es dabei eine Zustimmung für die Übereinkunft geben wird, ist auch noch nicht sicher. Die Landbevölkerung sei sicherlich dafür, sie habe ja auch am meisten unter der Gewalt gelitten. Die Stadtbevölkerungen von Medellin und Cali und Bogota aber kenne das nur aus dem Fernsehen, ihnen wird – unter anderem vom ehemaligen Präsidenten Uribe – eingeredet, es gebe nur Nachteile. Und weil die Kosten des Friedens sicherlich auch eine Steuerhöhung mit sich bringen werden, macht das die Übereinkunft auch nicht populär.

Die anderen Rebellen

FARC-Sprecher Ivan Marquez rief die zweitgrößte Guerillagruppe des Landes, die marxistische ELN, auf, dem Beispiel der FARC zu folgen. Das zeigt schon, dass die Farc – wenn es denn dazu kommt – Frieden schließen wird. Die Gespräche mit denen stockten im Augenblick, es sehe nicht so aus, als ob dieser Prozess von der Übereinkunft mit der Farc profitieren würde, sagt Monika Lauer Perez.

 

Hintergrund: Farc

Experten und Aussteiger geben an, dass die Farc zur Zeit noch aus etwa 8.000 Kämpfern besteht, sie ist die älteste Guerillabewegung Lateinamerikas und hatte in der Vergangenheit große Teile Kolumbiens kontrolliert. Sie finanzierte sich vor allem durch den Drogenhandel und illegalen Bergbau.

 

(rv 25.08.2016 ord)








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