2016-07-20 15:25:00

Durst nach Frieden: Das Treffen der Religionen in Assisi


Die Einladung zu einem Gebetstreffen der Religionen in Assisi, wie sie Papst Johannes Paul II. vor genau 30 Jahren ausgesprochen hatte, war „prophetisch“. Denn viele Konflikte, die die Welt damals erschütterten, seien auch durch die Zusammenarbeit der Religionsgemeinschaften beigelegt worden. Das sagt uns im Gespräch Marco Impagliazzo, Präsident der Basisgemeinschaft Sant´Egidio, mit Blick auf die kommende Edition des Treffens. Federführend bei den Vorbereitungen sind die Basisgemeinschaft und die franziskanischen Familien Assisis.

Vom 18. bis 20. September kommen in Assisi führende Vertreter der Weltreligionen und Persönlichkeiten aus Kultur und Gesellschaft zusammen, um über die Herausforderungen der heutigen Welt unter interreligiösen Gesichtspunkten zu beraten. Diese Herausforderungen hätten sich in 30 Jahren gewandelt, sagt uns Impagliazzo. Sei es zu Zeiten des Papst Johannes Pauls II. noch der Eiserne Vorhang gewesen, der Ost und West voneinander getrennt hatte, hätten sich die Konfliktlinien mittlerweile verschoben – Terrorismus und Migration seien deshalb im Fokus der Beratungen, an denen unter anderem auch Persönlichkeiten wie Ahmed al-Tayyeb, Rektor der sunnitischen Universität al-Azhar, und Patriarch Bartholomaios II. teilnehmen werden.  „Heute haben wir es mit Terrorismus, weit verbreiteter Gewalt, mit Gewalt, die auch aus dem Drogenhandel und dem Waffenhandel herrührt, zu tun. Deshalb sind die religiösen Führer, die wir dieses Jahr nach Assisi rufen, dazu aufgerufen, sich über diese Themen auszutauschen und vor allem über den Wert des gemeinsamen Gebetes für den Frieden, und mit noch mehr Kraft und Durchhaltevermögen weiter zu beten.“

Wichtig sei es, keine Religion von den anderen zu isolieren, wie es mit Blick auf den Islam in jüngster Zeit vermehrt geschehe. „Der Islam ist nicht das Problem, sondern der Islam hat ein Problem, das heißt, dass innerhalb einiger Länder, die sich als islamisch bezeichnen, terroristische Gruppierungen entstanden sind, die nicht nur in Europa, sondern auch und vor allem im Nahen Osten wie in Syrien, Libyen und Irak Terror verbreiten.“ Gerade deshalb, so betont Impagliazzo, sei es nötig, dass sich die religiösen Führer des Islams noch stärker und entschlossener von derartigen Gruppierungen und ihren religiös motivierten Gewalttaten distanzierten.  „Ich denke, der Islam sieht sich mit diesem Problem konfrontiert. Die großen religiösen Schulen und Universitäten, die Generationen von Imamen und Philosophen hervorgebracht haben, sind heute herausgefordert durch eine vereinfachte Botschaft, die eine Karikatur der Religion ist, von der Terroristen und ihre Unterstützer Gebrauch machen. Deshalb denke ich, dass auch der Islam sich dieses Problem stellt, und das werden wir auch in Assisi tun, die Sprache zu erneuern, um die Herzen der jungen Menschen zu erreichen und sie zum Frieden zu erziehen. Das ist eine Frage, die wir an unserer muslimischen Geschwister richten, denn alleine schaffen sie das nicht. Sie brauchen dabei die Unterstützung aller. Und wir werden an ihrer Seite sein, um diesen Kampf um den Frieden zu gewinnen.“ Insgesamt müssten die Religionen viel stärker das Thema Frieden auf die Tagesordnung setzen und auch klarer darüber sprechen, so Impagliazzo.

Die weit gespannte Gästeliste lasse hoffen, dass es zu einem fruchtbaren Austausch komme. Neben dem Rektor der Kairoer al-Azhar-Universität, der erst kürzlich Besuch aus dem Vatikan empfangen hatte, um den gemeinsamen Dialog nach einer jahrelangen Eiszeit wieder aufzunehmen,  werden weitere hochrangige Vertreter des Islam, die Millionen von Gläubigen vertreten, erwartet. Aber auch christlich-orthodoxe, jüdische, buddhistische, lutherische und Vertreter anderer Kirchen sollen kommen. „In der Welt herrscht ein wahrer Durst nach Frieden, so wie wir auch unser Treffen betitelt haben. Ein Durst, der der Durst der Armen ist, der Durst derer, die unter Kriegen leiden, und derer, die Gewalt ausgesetzt sind. Da denke ich auch an die vielen Frauen, die Opfer von Gewalt werden. Deshalb, eine so große Anzahl von wichtigen religiösen Führern, die den Völkern nahe steht, die leiden, scheint mir ein schönes Zeichen für die Zukunft der Welt zu sein.“

Papst Franziskus sei über die Vorbereitungen des Treffens auf dem Laufenden und werde den Anwesenden seinen Gruß zukommen lassen, auch wenn noch nicht klar sei, wie dieser letztlich aussehen werde, vertraut uns Impagliazzo zum Schluss noch an. Seine Teilnahme sei jedenfalls nicht vorgesehen. Doch wer weiß, vielleicht findet Papst Franziskus am Ende ja doch noch eine Gelegenheit, die nur wenige Kilometer von Rom entfernt versammelten religiösen Führer mit einem Auftritt zu überraschen

 

(rv 20.07.2016 cs)








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