2016-06-21 18:00:00

Papst gegen Todesstrafe: „Fünftes Gebot gilt auch für Schuldige“


Die Todesstrafe ist keine Form der Gerechtigkeit, sondern der Folter - und selbst Verbrecher haben ein Recht auf ihr Leben. Mit diesen klaren Worten wandte sich Papst Franziskus an diesem Dienstagabend in einer Videobotschaft an die Teilnehmer des 6. Weltkongresses gegen die Todesstrafe, der vom 21. bis 23. Juni in Oslo stattfindet. Etwa 140 Organisationen aus aller Welt, Diplomaten sowie Regierungsvertreter nehmen an dem Forum teil, das sich für eine weltweite  Abschaffung der Todesstrafe einsetzt. Ein Vorhaben, das Papst Franziskus teilt.

„Ein Hoffnungszeichen ist es, dass in der öffentlichen Meinung ein wachsender Widerstand gegen die Todesstrafe spürbar ist, auch als Mittel von legitimer sozialer Verteidigung. In der Tat ist die Todesstrafe heutzutage inakzeptabel, egal wie schwerwiegend das Verbrechen der verurteilten Person ist. Sie ist ein Angriff auf die Unantastbarkeit des menschlichen Lebens und die Würde der menschlichen Person; und gleichzeitig widerspricht sie Gottes Plänen für die Individuen und die Gesellschaft sowie seiner barmherzigen Gerechtigkeit.“

Denn, so der Papst, die Todesstrafe unterläuft den rechten Sinn von Strafe, nämlich die Rehabilitierung. Außerdem sei sie ein Verstoß gegen göttliches Gesetz. Das fünfte Gebot, „Du sollst nicht töten“, gelte nicht nur für die Schuldlosen, sondern auch für die Schuldigen, betonte Franziskus. Das außerordentliche Jahr der Barmherzigkeit sei eine günstige Gelegenheit, das Bewusstsein für die Unantastbarkeit menschlichen Lebens besser herauszubilden.

Franziskus ging noch weiter in seiner Botschaft. „Heute möchte ich alle dazu ermuntern, nicht nur für die Abschaffung der Todesstrafe zu arbeiten, sondern auch für die Verbesserung der Zustände in Gefängnissen, damit die Menschenwürde der Häftlinge gewahrt wird. ,Gerechtigkeit üben´ heißt nicht, Strafe für die eigene Genugtuung zu erwirken, sondern sicherzustellen, dass der Grundsatz jeder Strafe die Rehabilitierung des Täters bedeutet.“

Schon mehrfach hat Papst Franziskus durch konkrete Gesten auf die besorgniserregenden Zustände in Haftanstalten hingewiesen. Die Verbesserung der Haftbedingungen und die Förderung einer Wiedereingliederung von Tätern in die Gesellschaft liegen ihm dabei besonders am Herzen. Immer wieder wirbt er in Ansprachen für die Abschaffung der Todesstrafe, die dem göttlichen Plan für den einzelnen und die Gesellschaft entgegen steht. Doch ihm ist klar: „Diese Frage muss innerhalb des größeren Rahmens einer Strafgesetzgebung behandelt werden, die offen ist für eine Wiedereingliederung von Tätern in die Gesellschaft. Es gibt keine angemessene Strafe ohne Hoffnung! Strafe als Selbstzweck, ohne Raum für Hoffnung zu lassen, ist eine Form der Folter, nicht der Strafe.“

(rv 21.06.2016 cs)

 

Hier finden Sie den Wortlaut der Videobotschaft in einer Arbeitsübersetzung:

Ich begrüße die Organisatoren dieses Weltkongresses gegen die Todesstrafe, die Gruppe von Ländern, die sie unterstützen, und insbesondere Norwegen als Gastgeber. Außerdem grüße ich alle Repräsentanten von Regierungen, internationaler Organisationen, und der Gesellschaft, die daran teilnehmen. Ich möchte gleichermaßen meine persönliche Wertschätzung, gemeinsam mit der von Männern und Frauen guten Willens, für euer Engagement für eine Welt ausdrücken, in der es keine Todesstrafe mehr gibt.

Ein Hoffnungszeichen ist es, dass in der öffentlichen Meinung ein wachsender Widerstand gegen die Todesstrafe spürbar ist, auch als Mittel von legitimer sozialer Verteidigung. In der Tat ist die Todesstrafe heutzutage inakzeptabel, egal wie schwerwiegend das Verbrechen der verurteilten Person ist. Sie ist ein Angriff auf die Unantastbarkeit des menschlichen Lebens und die Würde der menschlichen Person; und gleichzeitig widerspricht sie Gottes Plänen für die Individuen und die Gesellschaft, sowie seiner barmherzige Gerechtigkeit. Außerdem steht sie mit rechten Anliegen von Bestrafung nicht im Einklang. Sie verschafft den Opfern keine Gerechtigkeit, sondern fördert Rache. Das Gebot „Du sollst nicht töten“ hat absoluten Wert und gilt für Schuldlose wie für Schuldige.

Das außerordentliche Heilige Jahr der Barmherzigkeit ist eine günstige Gelegenheit, um weltweit für noch entwickeltere Formen von Respekt für das Leben und die Würde jedes Menschen zu werben. Wir dürfen nicht vergessen, dass das unverletzbare Recht auf Leben, das Gott schenkt, auch dem Verbrecher zusteht.

Heute möchte ich alle dazu ermuntern, nicht nur für die Abschaffung der Todesstrafe zu arbeiten, sondern auch für die Verbesserung der Zustände in Gefängnissen, damit die Menschenwürde der Häftlinge gewahrt bleibt. „Gerechtigkeit üben“ heißt nicht, Strafe für die eigene Genugtuung zu erwirken, sondern sicherzustellen, dass der Grundsatz jeder Strafe die Rehabilitierung des Täters bedeutet. Diese Frage muss innerhalb des größeren Rahmens einer Strafgesetzgebung behandelt werden, die offen ist für eine Wiedereingliederung von Tätern in die Gesellschaft. Es gibt keine angemessene Strafe ohne Hoffnung! Strafe als Selbstzweck, ohne Raum für Hoffnung zu lassen, ist eine Form der Folter, nicht der Strafe.

Ich vertraue darauf, dass dieser Kongress neue Impulse für die Bemühungen um eine Abschaffung der Todesstrafe geben kann. Aus diesem Grund ermutige ich alle, daran teilzuhaben, diese große Initiative voran zu bringen und ich versichere sie meines Gebetes. 

(rv 21.06.2016 cs)








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