2016-05-30 12:31:00

Papstmesse: Gedächtnis, Prophezeiung und Hoffnung


Nicht eine aus Regeln gebaute Mauer, sondern das „Gedächtnis” an die durch Gott geschenkten Gaben, an die Dynamik der „Prophezeiung“ und an den Horizont der „Hoffnung“ müssen jeden einzelnen Christen auf seinem Glaubensweg leiten. Das sagte Papst Franziskus an diesem Montag bei seiner Morgenmesse in der vatikanischen Casa Santa Marta.

In jesuitischer Manier konzentrierte sich Papst Franziskus bei seiner heutigen Predigt auf drei Worte, diesmal: Gedächtnis, Prophezeiung und Hoffnung. Ein allzu starres Vertrauen auf die Normen schränke den befreienden Hauch der Prophezeiung ein, die über Grenzen hinweg gehe. Christus lege genau dieses im Evangelium des heutigen Tages dar, in der es um die Parabel der mörderischen Winzer ging. Diese erhielten vom Herren über das Land einen wohl angelegten Weinberg, doch als sie in erst in ihrer Hand hatten, haben sie sich nicht an die Vereinbarungen gehalten und nach und nach die vom Herrn gesandten Sklaven, die den Pachtbetrag abholen sollten, umgebracht. Diese von Jesus dargelegte Gewaltbereitschaft kulminiert schließlich in der Tötung des geliebten Sohnes des Pachtherren, in der irrigen Hoffnung, nun den Weinberg und seine Erträge selbst erben zu können.

Die Sklaven und der Sohn, den sie töteten: Bilder für die Propheten und Jesus selbst. Im Akt des Mordes zeigten sich die Sklaven – so Franziskus - als „in sich verschlossenen Volk, das sich nicht den Versprechungen des Herrn öffnet, das die Versprechen des Herrn gar nicht erwartet“. Es sei „ein Volk ohne Gedächtnis, ohne Prophezeiung und ohne Hoffnung“. Den Anführern gehe es nur darum, ein geschlossenes Rechtssystem aufzubauen, und nichts anderes:

„Das Gedächtnis interessiert nicht. Die Prophezeiung? Es ist besser, wenn die Propheten gar nicht erst kommen. Und die Hoffnung? Jeder wird für sich sehen. Das ist das System, mit dem sie sich legitimieren: Gesetzesgelehrte, Theologen, die auf dem Weg der Kasuistik gehen und nicht die Freiheit des Heiligen Geistes zulassen; Sie erkennen die Gabe Gottes nicht an, die Gabe des Heiligen Geistes, und sperren den Geist ein, denn sie lassen die Prophezeiung in Hoffnung nicht zu.“

Das sei das religiöse System, zu dem Jesus spreche, so der Papst. Er selbst sei ja schließlich versucht gewesen, die Prophezeiung sich nicht erfüllen zu lassen und der Sicherheit den Vorrang vor der Hoffnung zu geben, fasste Franziskus die drei Versuchungen in der Wüste zusammen. Doch: „Diesen Menschen hat Jesus, gerade weil er in sich selbst die Versuchung erkannt hat, vorgeworfen: Ihr reist um die halbe Welt um einen Proselyten zu finden, und wenn ihr ihn habt, dann macht ihr ihn zum Sklaven! Dieses Volk, das so organisiert ist, diese Kirche, die so organisiert ist, macht Sklaven.“ Und so verstehe man auch die Reaktion des Paulus, als er von der Sklaverei der Gesetze spricht und von der Freiheit, die die Gnade gebe, fuhr Franziskus fort. „Ein Volk ist frei, eine Kirche ist frei, wenn sie Gedächtnis hat, wenn sie den Propheten Platz lässt und wenn sie nicht die Hoffnung verliert.“

Der gut organisierte Weinberg, so unterstrich der Papst, sei „das Bildnis vom Volk Gottes, der Kirche, aber auch unserer Seele“, die der Vater stets mit viel Liebe und Zärtlichkeit pflege. Sich gegen ihn zu erheben bedeute, wie die Winzer das Gedächtnis an die Gottesgaben zu verlieren, während es für die Erinnerung und das nicht vom Weg Abkommen wichtig sei, stets zu den Wurzeln zurück zu kehren: „Habe ich eine Erinnerung an die Wundertaten, die der Herr in meinem Leben vollbracht hat? Habe ich Erinnerung an die Gottesgaben? Bin ich fähig, den Propheten mein Herz zu öffnen, also demjenigen, der mir sagt: ,so geht das nicht, geh lieber da lang; gehe vorwärts und riskiere etwas´? Das machen die Propheten… Ich bin offen für das oder bin ich ängstlich und ziehe es vor, mich in den Käfig des Gesetzes einzuschließen? Und am Ende: Hoffe ich auf die Versprechungen Gottes, so wie es unser Vater Abraham gemacht hat, der aus seiner Heimat zog, ohne zu wissen, wo es hinging, nur weil er auf Gott gehofft hat? Es wird uns gut tun, uns diese drei Fragen zu stellen….“

(rv 30.05.2016 cs)








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