2016-05-07 09:28:00

Hilferuf aus Aleppo: „Da kann man von Völkermord sprechen"


Die Waffenruhe in Aleppo ist um drei Tage verlängert worden. Das kündigte Russland in der Nacht auf Samstag an. Ursprünglich sollten die Waffen zwischen Regierungstruppen und Rebellen nur am Donnerstag und Freitag schweigen; das hatte gemeinsamer Druck Russlands und der USA zustandegebracht. Außer für Aleppo gilt die Waffenruhe auch für die Provinz Latakia im Nordwesten Syriens.

Seit dem 22. April hatten heftige Kämpfe um Aleppo, die zweitgrößte Stadt des Landes, etwa 300 Todesopfer gefordert. Bei einem Luftangriff auf ein Flüchtlingslager in der Provinz Idlib, ebenfalls im syrischen Nordwesten, waren am Donnerstag mindestens 28 Menschen ums Leben gekommen. Wer genau die tödlichen Bomben abgeworfen hat, ist offenbar noch nicht klar.

Elias Janji ist armenisch-katholischer Priester in Aleppo. „Die haben so viele Bomben auf uns abgeworfen“, sagt er im Interview mit Radio Vatikan, „da kann man wirklich von Völkermord sprechen. Vor allem, wenn man an die bombardierten Krankenhäuser denkt... So viele Menschen sind getötet worden, so viele haben keine Wohnung mehr – eine wirklich schreckliche Lage! Vor allem die letzten paar Tage vor dem Waffenstillstand waren furchtbar... Aber jetzt kann man sagen, dass die Waffenruhe hält.“

Die Zahl der Christen in Aleppo ist nach Angaben von Pfarrer Janji dramatisch zurückgegangen: Nur zwanzig Prozent von ihnen seien noch in der Stadt. Zum Angriff auf das Flüchtlingslager in der Provinz Idlib sagt er: „Das Problem ist, dass die Lage für den Rest der Welt nicht so richtig klar scheint. Wir haben niemanden, der für uns spricht und der in unserem Namen sagen kann, wie unsere Lage wirklich ist. Die Wahrheit ist doch: Syrien hat Öl und Gas, und das ist es, was die Großmächte der Welt haben wollen!“

Typisch Orient: Man landet schnell bei Verschwörungstheorien. Was noch nicht heißt, dass das immer gleich von der Hand zu weisen wäre. „An diesem Sonntag wollen wir zu einem weltweiten Gebet einladen für die verwundete Stadt Aleppo! Alle unsere Bischöfe haben gesagt: Bitte, betet für uns, betet, denn Aleppo ist schwer verwundet! Wir haben weder Strom noch Wasser, wir brauchen wirklich dringend Frieden und ein endgültiges Ende der Bombardements. So viele von uns haben ihr Leben verloren – so viele Kinder und junge Leute darunter. Wie unsere Bischöfe sagen: „Das reicht!“ Wir brauchen unbedingt Frieden, das ist für uns jetzt das Wichtigste.“

(rv 07.05.2016 sk)








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