2016-01-22 10:05:00

Warum der Papst den Ritus der Fußwaschung ändert


Dreimal haben Päpste in den letzten Jahren Änderungen im Römischen Messbuch und damit in der katholischen Liturgie veranlasst: Benedikt XVI. verfasste 2008 eine Karfreitagsfürbitte für den (von ihm wieder zugelassenen) „außerordentlichen“ Ritus und trat damit eine Kontroverse los. Ein knappes Jahr vor seinem Amtsverzicht ordnete er dann – auch das war kontrovers – eine Änderung bei den Wandlungsworten in der deutschen Fassung an („für viele“ statt „für alle“). Und nun änderte Papst Franziskus den Ritus der Fußwaschung in der Messe vom Gründonnerstagabend: Von nun an sind auch Frauen zugelassen.

Der englische Erzbischof Arthur Roche, Sekretär der Liturgiekongregation, erklärt in der Freitagsausgabe der Vatikanzeitung „Osservatore Romano“, was genau sich ändert und warum. Der Ritus der Fußwaschung, der in der römischen Liturgie schon seit dem siebten Jahrhundert bezeugt ist, hat, wie er ausführt, eine doppelte Bedeutung. Zum einen „imitiert er die Geste“, die Jesus nach Darstellung des Johannesevangeliums im Abendmahlssaal an seinen Jüngern vollzog; zum anderen „drückt er die Selbsthingabe aus, die diese Geste des Dienens bedeutet“.

„Nicht zufällig wurde der Ritus von jeher Mandatum genannt, nach der ersten Antiphon, die ihn begleitete: Mandatum novum do vobis“ (Joh 13,14), zu deutsch „Ein neues Gebot gebe ich euch“, das Gebot der Liebe nämlich. Und dieses Liebesgebot Jesu geht, wie Roche betont, „alle Jünger Jesu an, ohne Unterschied oder Ausnahme“.

Bisher überwog nun, die Jahrhunderte hindurch, beim Ritus der Fußwaschung der „imitative“ Aspekt, sprich: Er wurde nur an Männern vollzogen, lehnte sich damit stark an die Schilderung des Johannesevangeliums an. Auch regionale Varianten, etwa eine Fußwaschung für Arme oder für Jungen, kannten keine Öffnung des Ritus für’s weibliche Geschlecht. In der Regel war er „dem Klerus vorbehalten“ und hatte zwar „einige Bedeutung“ – aber eben, wie Erzbischof Roche betont, „nicht für das Volk Gottes in seiner Gesamtheit“.

Pius XII. verstärkte noch den „imitativen“ Charakter des Ritus, erklärte aber ausdrücklich, dieser könne auch „mitten in der Kirche“ stattfinden. Die Liturgiereform nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil wiederum strich die  Zahl „zwölf“ aus den Vorgaben und vereinfachte das Ganze – behielt aber den „imitativen“ Charakter bei. Sprich: Fußwaschung nur für Männer.

Diese Einschränkung hat Franziskus nun aufgehoben, indem er ausdrücklich anordnet, die Fußwaschung werde an „ausgewählten Menschen aus dem Volk Gottes“ vollzogen. Das ist nicht einfach eine Öffnung für Frauen, sondern eine Verschiebung der theologischen Perspektive. Die „äußere Imitation dessen, was Jesus getan hat“, tritt in den Hintergrund; stattdessen wird von jetzt an stärker „die Bedeutung dessen, was er getan hat, mit ihrer universellen Tragweite“ betont: „Das sich-selbst-Hingeben bis ans Ende für das Heil aller Menschen“. Das Beispiel, das Jesus gegeben hat, geht laut Roche „über das bloße Füßewaschen hinaus“, es bedeute die konkrete Liebe zum Nächsten überhaupt.

Eine Revolution im Kirchenschiff? Nein. Der Ritus der Fußwaschung ist für die Abendmesse des Gründonnerstags nicht einmal verpflichtend. Er darf, so schreibt Roche, „auch nicht so wichtig werden, dass er die ganze Aufmerksamkeit in dieser Messe auf sich lenkt“.

(rv 22.01.2016 sk)








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