2015-11-27 11:09:00

Papst an Kenias Jugend: Nein zu Tribalismus, Ja zum Gebet


Kenias Jugend sollte sich vor Spaltungen und Stammesdenken hüten. Das riet der Papst in einer engagierten, improvisierten Rede vor mehreren zehntausend Jugendlichen im Kasarani-Stadion der Hauptstadt Nairobi. Gleichzeitig prangerte der Papst am Freitagmorgen die Korruption als „Weg des Todes“ an.

Das einstündige Treffen begann mit den Berichten und Fragen von zwei jungen Leuten. Sie brachten den Papst dazu, sein vorbereitetes Redemanuskript beiseitezulegen und frei zu sprechen - auf Spanisch. Ein Vatikan-Mitarbeiter übersetzte das dann ins Englische.

Krieg und Spaltungen

Beim Thema „Krieg und Spaltungen“ wies Franziskus darauf hin, dass bereits auf den ersten Seiten der Bibel ein Brudermord beschrieben werde, „gleich nach den wunderbaren Dingen, die Gott erschaffen hat“. Der Geist des Bösen stifte die Menschen zur Zerstörung und zur Zerstrittenheit an, zum Tribalismus, zur Korruption, zur Drogenabhängigkeit. Das Gegenmittel dazu sei, so der Papst, das Gebet. „Das Leben ist voller Schwierigkeiten, aber es gibt zwei Möglichkeiten, darauf zu schauen: als etwas, das dich blockiert und bremst, oder als eine Chance. Ihr habt die Wahl!“

Stammesdenken

Eine große Herausforderung sei der Tribalismus, also das Stammesdenken. Man überwinde ihn nur durch „das Ohr, das Herz und durch die Hand“, also durch das Nachdenken, den Respekt und die Zuwendung. „Wenn ihr keinen Dialog führt und anderen nicht zuhört, dann bleibt ihr im Tribalismus stecken! Das ist wie ein Wurm, der in der Gesellschaft immer fetter wird“, fuhr Franziskus fort. Kenias Jugend solle die vielen Formen von Fanatismus überwinden und durch Dialog zu Einheit gelangen. „Wir sind eine Nation“, wiederholte der Papst in seiner improvisierten Ansprache; und er lud er die Anwesenden ein, sich die Hände zu reichen. Vielleicht eines der stärksten, symbolgeladenen Bilder dieser Afrikareise. 

Korruption

Dann kam der Papst auf das Thema Korruption, die sich schlechthin nie rechtfertigen lasse. In der Politik und im täglichen Leben sei sie verbreitet, sogar im Vatikan gebe es Korruptionsfälle, so der Papst. Korruption sei etwas, das sich in den Menschen einniste; „wie Zucker, ganz süß, etwas das schmeckt und einfach ist“. Aber zu viel Zucker führe zu Diabetes, und das könne auch einem ganzen Land passieren. „Bitte: Gewöhnt euch nicht an diesen Zucker namens Korruption! Korruption ist kein Weg des Lebens, sie ist ein Weg des Todes.“

Familie

Ausdrücklich rief der Papst die Jugendlichen auf, die Familie zu schützen, die auch die älteren Menschen einschließen müsse. Überall gebe es verlassene Kinder, bei der Geburt verlassen oder vom Leben verlassen – sie spürten keine Familienliebe um sich herum. Das sei der Grund, warum Familie so wichtig sei. „Fleisch heilt Fleisch: Darum ist Gott Fleisch geworden, um sich uns anzunähern.“

Fanatismus

Franziskus prangerte auch ausdrücklich jede Form von Fanatismus an. Es sei nicht hinnehmbar, dass Jugendliche sich gegenseitig verletzten und vernichteten. Dazu brauche es den Geist der Einheit. „Fanatismus darf uns nicht den Bruder rauben!“ Man dürfe sich von Herausforderungen nicht überrollen lassen, sondern sie als Chance für einen Neuanfang begreifen. Vor allem sollten die Jugendlichen sich für die Armen einsetzen, aber auch für andere Jugendliche auf Abwegen, die etwa von kriminellen Gruppen rekrutiert würden.

Die beste Art und Weise, um die Radikalisierung von jungen Leuten zu verhindern, sei Ausbildung und Arbeit. Es bestehe eine soziale Gefahr, wenn ein Land von einem internationalen System abhänge, welches ungerecht sei. Da stehe nicht der Mensch im Mittelpunkt, sondern der Geld-Gott. „Was kann ich tun, um diesem jungen Menschen zu helfen und ihn zurückzubringen? Als erstes: Beten, aber kräftig! Gott ist stärker als jedwede Rekrutierungskampagne. Und dann: mit ihm voller Liebe und Sympathie sprechen – und mit viel Geduld. Ihn einladen zu einem Fußballmatch, zu einem Spaziergang, in deine Gruppe zu kommen. Lass ihn nicht allein!“

Kommunikation

Sogar zum Umgang mit den Medien sprach der Papst: Um die Botschaft Christi zu verbreiten und gute Initiativen zu fördern, sei vor allem Freundschaft nötig. „Wenn ihr euch einander annähert und euch anlächelt, auch wenn ihr aus verschiedenen Stämmen kommt, und wenn ihr euch den Armen, den Kranken, den Verlassenen, den Alten annähert, dann sind diese Kommunikationsgesten ansteckender als alle Fernsehkanäle!“

Glaube und Hoffnung

Der Papst erzählte auch etwas Persönliches, was vielen noch nicht bekannt war: In seiner Tasche trage er immer zwei Dinge mit sich, und zwar einen Rosenkranz, um zu beten, „und etwas Merkwürdiges: das hier!“ Er zeigte auf einen kleinen Taschen-Kreuzweg. „Mit diesen beiden Dingen in der Tasche tue ich, was ich kann. Dank dieser beiden Dingen verliere ich nie die Hoffnung.“

Nach der Begegnung mit den Jugendlichen traf der Papst in einem Nebenraum des Stadions mit den Bischöfen des Landes zu einer kurzen Begegnung zusammen. Für den Nachmittag steht die Weiterreise nach Uganda, der zweiten Station seiner ersten Afrika-Reise, auf dem Programm. Der rund 500 Kilometer weite Flug von Nairobi nach Entebbe dauert etwas über eine Stunde.

(rv 27.11.2015 mg)








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