2015-04-22 14:24:00

Italien: Christo lässt übers Wasser wandeln


Der Künstler Christo legt einen gigantischen Steg aus Stoff über den Iseo-See in Norditalien. Wie weiland Jesus werden Kunstinteressierte dank der Installation übers Wasser wandeln können. Die schwimmenden Stege sind 16 Meter breit und gut drei Kilometer lang und verbinden das Festland mit zwei Inseln im See, erläuterte der Künstler bei der Vorstellung des Projektes an diesem Mittwoch in Rom. 70.000 Quadratmeter Hightech-Stoff in changierendem Gelb-Orange werden den See temporär verfremden und zu Erkundungen aus ungewöhnlicher Perspektive einladen: „Man wird die Wellen unter den Füßen spüren“, sagte der bald 80-jährige bulgarisch-stämmige Künstler. Das flüssig sich Bewegende des Elements habe ihn immer interessiert. Auch von den umgebenden Bergstraßen aus wird die begehbare Kunst-Installation mit dem Titel „The floating piers“ im See zu sehen sein. 16 Tage im Juni 2015 stehen dafür zur Verfügung.

Einen vorgegebenen Parcours wird es nicht geben, die Installation ist Tag und Nacht von allen Seiten und Punkten aus zugänglich, und ihre Begehung ist gratis. Für eine religiöse Konnotation seines Kunstwerkes ist Christo ausdrücklich offen. „Ich bin nicht religiös. Aber meine Werke sind frei für Interpretationen. Wenn religiöse Konnotationen kommen, ist das in Ordnung“, sagte der Künstler bei der Vorstellung des Projekts. Kunst umfasse alle Dimensionen des Menschlichen: „Kunst existiert nur für Menschen. Tiere können keine Kunst verstehen. Und Menschen stellen sich in Beziehung zu Kunst.“ Die schwimmenden Stege vereinten mehrere Kunstformen, fuhr Christo fort. „Es weist Elemente der Skulptur auf, aber auch der Architektur und der Stadtplanung. Oft ist ja auch unser Weg, um Genehmigungen anzusuchen, ähnlich wie der bei der Planung von einer Autobahn. Denn wir brauchen eine Menge Genehmigungen. Über die drei Dimensionen normaler Skulptur geht dieses Projekt hinaus.“ Sein Anliegen sei es, die Leute „zum Gehen zu bringen“.

Die Stoffstege bestehen aus extrem dicht gewobenem Nylon, getragen von 20.000 miteinander verbundenen Kanistern. Eine große Rolle bei dem Kunstprojekt spielen Freiwillige, erklärte Christo. Sie werden beim Anbringen der gigantischen Stoffbahn im See helfen. Der Künstler plant, die Freiwilligen in ganz Europa zu rekrutieren und vor Ort einzuweisen.

Christo kehrt mit „The floating piers“ nach vierzig Jahren mit einem Kunstprojekt nach Italien zurück. Gemeinsam mit seiner kongenialen Partnerin Jeanne-Claude, die 2009 verstarb, hatte er bis 1974 mehrere Gebäude in Italien „verpackt“, so in Spoleto (zum „Festival dei due mondi“) und in Mailand. 1974, als die Berliner Mauer noch solide stand, verfremdete das Künstlerpaar eine antike Mauer in Rom. Die Technik, für die das Künstlerpaar berühmt wurde, ist die verfremdende Verhüllung von Landschaften und historischen Gebäuden. 1995 verpackten Christo und Jeanne-Claude etwa den Deutschen Bundestag. Fünf Millionen Menschen kamen damals, um die Installation in Berlin zu sehen.

(rv 22.04.2015 gs)








All the contents on this site are copyrighted ©.