Evangelikale und Katholiken: Neue Perspektiven der Ökumene
Die Ökumene zwischen
Evangelikalen und Katholiken hat schon viel erreicht, vor allem was das gemeinsame
Wertefundament und den Einsatz in der Gesellschaft angeht. Das sagt Wilf Gasser, Präsident
der Schweizer Evangelischen Allianz und stellvertretender Generalsekretär der World
Evangelical Alliance. Die Allianz war zu einer Tagung im Einheitsrat des Vatikan,
an diesem Donnerstag hat Papst Franziskus sie empfangen. Bei dieser Begegnung wurde
von „neuen Perspektiven“ der Ökumene gesprochen. Unser Redaktionsleiter Pater Bernd
Hagenkord fragte Wilf Gasser, welche Perspektiven das sind oder sein können.
„Eigentlich
ist es mehr eine Feststellung, dass sich die Landschaft in den letzten zehn Jahren
verändert hat. Früher wurden die Evangelikalen und Freikirchen als Sekten betrachtet,
als Wettbewerber auch für die katholische Kirche. Da wurde gegeneinander gekämpft,
man kannte sich nicht und hat auch die Zusammenarbeit nicht gesucht. Das hat sich
geändert, spätestens seitdem wir beim Thema Familie und Lebensrecht realisiert haben,
dass auf katholischer wie auf freikirchlicher Seite ganz ähnliche Werthaltungen existieren.
Dass das jetzt auf globaler Ebene ein Thema wird, nämlich wie wir die Gebiete der
Zusammenarbeit definieren und strukturiert einen Dialog führen können, das ist eigentlich
das Neue.“
Und wie wird dieser strukturierte Dialog aussehen?
„Bisher
gab es eine Arbeitsgruppe zwischen Weltkirchenrat und Vatikan, aber auf Seite der
Evangelikalen gab es nichts dergleichen. Es soll jetzt darüber gesprochen werden,
wie wir in einer Arbeitsgruppe vorwärts gehen und diese Themen konkret definieren
können.“
„Offenheit für Dialog gab es schon vor Franziskus“
Als
erster Papst hat sich Papst Franziskus mehrfach prominent mit evangelikalen Christinnen
und Christen getroffen. Hat sich unter diesem Papst da etwas geändert?
„Eigentlich
war das schon von den vorherigen Päpsten angebahnt. Von der Persönlichkeit her geht
er das anders an, aber die Offenheit für den Dialog haben wir schon vorher empfunden.
Für mich ist das eher eine Weiterführung.“
Es sind ja auch theologische
Debatten zu führen, was sind die nächsten Schritte, die hier anzugehen wären?
„Auf
theologischer Ebene führen wir bereits seit fünf Jahren einen offiziellen Dialog.
Den wollten wir eigentlich dieses Jahr bereits abschließen. Wir hatten dann aber von
unserer Seite her aus Ländern, wo Katholiken die Mehrheit bilden und die Evangelikalen
sich eher an den Rand gedrängt fühlen, Input dazu, was man vielleicht neu diskutieren
müsste. Deshalb haben wir diesen Dialog verlängert, aber er soll nächstes Jahr zum
Abschluss kommen. Dieses Grundsatzpapier, das primär von Theologen erarbeitet wurde,
soll dann an der Basis von unserer Seite her breiter diskutiert werden, um zu schauen,
was die Konsequenzen davon sind.
Wir wollen in diesem Papier einerseits
die Gemeinsamkeiten herausschälen, aber auch die theologischen Differenzen benennen,
etwa wie wir Kirche verstehen. Da gibt es einiges, was man als Unterschiede definieren
kann.“