Kobane – der Name
dieser syrischen Stadt nahe der türkischen Grenze steht derzeit für den Terror der
Gruppe IS, „Islamischer Staat“. Doch bei aller Aufmerksamkeit für das Schicksal der
kurdischen Stadt sollte nicht vergessen werden, wie sehr Menschen in den syrischen
Millionenstädten Damaskus, Aleppo und Homs weiterhin unter dem syrischen Bürgerkrieg
leiden. Daran erinnert der Päpstliche Nuntius in Damaskus, Erzbischof Mario Zenari,
im Interview mit Radio Vatikan.
„Hier in Syrien gibt es lediglich eine
Verschlechterung der Situation. Die Tragödie geht seit drei Jahren immer weiter. Wir
haben hier nicht nur das Problem des IS-Terrors, sondern weiter das ungelöste Problem
des blutigen Bürgerkriegs. IS war sozusagen nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen
gebracht hat, der Panik ausgelöst hat und enormes Leid. Aber dieses Fass ist seit
drei Jahren schon voll….voll mit Todesopfern, mehr als 200.000, übervoll mit mehr
als drei Millionen Flüchtlingen, mit all den Zerstörungen. Also, wir sollten nicht
nur, wie viele Medien das tun, an Kobane denken: Es gibt Kobane, aber es gibt auch
Aleppo, wo man sehr leidet. Es gibt Idlib, Homs und die Umgebung von Damaksus, den
Süden von Syrien…“
Kobane ist eine Kleinstadt; in den anderen, von Zenari
genannten Städten leben viel mehr Menschen. Ganze Wohnviertel werden weiterhin – und
oft ohne jede Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit – dem Erdboden gleichgemacht.
3,2 Millionen Syrer sind ins Ausland geflohen, das entspricht beinahe der Bevölkerung
Berlins mit seinen 3,4 Millionen Einwohnern. Weitere 6,5 Millionen sind in ihrem Land
selbst auf der Flucht. Diese Zahlen sind schwer zu fassen, sagt Erzbischof Zenari.
Der Nuntius fordert, das Problem des syrischen Kriegs endlich von seiner Wurzel her
zu lösen.
„Im Moment sind die internationale Gemeinschaft und die Länder
der Region sehr daran interessiert, eine Lösung zu finden, um die Plage IS loszuwerden.
Doch man sollte man sich natürlich Fragen stellen: Warum ist das alles passiert? IS
ist doch nicht aus dem Nichts gekommen von einem Tag auf den anderen, haben sie Gründe,
Motive aus der Vergangenheit, in der Zukunft? Wo ist ihr Ursprung, und warum kommt
es zu all diesen Terroristen? Wer hat sie unterstützt? Wer inspiriert sie? Und dann
findet man die gemeinsamen Wurzeln der Konflikte in Syrien und des Terrorismus!“ (rv
27.10.2014 no)