2014-09-30 13:51:10

Syrischer Patriarch kritisiert westliche Nahost-Politik


RealAudioMP3 Deutliche Kritik an der westlichen Nahost-Politik hat der syrisch-katholische Patriarch Ignatius Yousef III. Younan geübt. In Syrien und im Irak würden Christen bedroht, schikaniert, vertrieben und getötet, während dies den Westen weitgehend kalt lasse, so der Patriarch im Rahmen eines Vortrags am Montagabend bei der Jahrestagung der Initiative Christlicher Orient (ICO) in Salzburg. Aufgrund politischer und vor allem ökonomischer Interessen würden die westlichen Staaten ihre eigenen Werte von Religionsfreiheit und Demokratie schlicht verraten. Öl sei wichtiger als Menschenleben. Das sei eine Tragödie, so der Patriarch.

„Die meisten meiner Mitbürger sagen mir, dass die UNO und allgemein der Westen nichts für uns unternehmen. Meine Mitchristen bemängeln, dass es aus dem Westen keine konkreten Taten gibt, die uns weiterhelfen. Wir hören zwar schöne Worte über Demokratie und Freiheiten, aber wir sehen keine konkreten Schritte.“

Im Gespräch mit „Kathpress“ am Rande der Tagung berichtete der Patriarch von seinem jüngsten Besuch bei den christlichen Flüchtlingen im kurdischen Nordirak. Das Leid der Menschen sei unbeschreiblich, ihre Angst groß. Die Menschen hätten vielfach die Hoffnung aufgegeben, jemals wieder in ihre angestammte Heimat zurückzukehren.

„Es ist nicht nur für die Christen im Nordirak ein Problem, es ist eine Angelegenheit, die alle Christen auf der Welt betrifft. Wir dürfen die Gläubigen im Irak, in Syrien oder Libanon nicht im Stich lassen. Dasselbe gilt für die Christen in Jordanien und Ägypten. Wir sollten uns alle für diese Christen einsetzen, weil es eine Tatsache ist, dass es auch im 21. Jahrhundert in muslimisch geprägten Ländern keine Trennung von Staat und Religion gibt - und in solchen Kontexten haben es die Christen besonders schwer.“

Der Patriarch bekräftigte einmal mehr, dass das militärische Vorgehen der westlichen Allianz gegen die IS grundsätzlich legitim sei. Jene radikalen Kräfte, die keine Achtung vor Menschenleben haben, müssten eliminiert werden. Mit Luftschlägen allein werde man die Terroristengruppe freilich nicht in die Knie zwingen können. Nachsatz: „Das ist kein Krieg gegen den Islam, sondern gegen den Terrorismus. Wir sind nicht gegen den Islam, wir sind gegen jene, die ihn für ihre politischen Zwecke missbrauchen.“

Eine Lösung könne es für den Orient letztlich nur geben, wenn es endlich zu einer Trennung von Religion und Politik kommt. Das sei freilich für den Islam derzeit noch keine Option.

Das Oberhaupt der syrisch-katholischen Kirche gehörte auch jener Patriarchendelegation an, die am 11. September von US-Präsident Barack Obama empfangen worden ist. Der US-Präsident habe sich 35 Minuten die Sorgen der Kirchenführer angehört, berichtete der Patriarch. Sei auch die Antwort des Präsidenten freilich „höchstens als diplomatisch“ zu bezeichnen, werte er allein schon das Zustandekommen dieses Treffens als „historisch“. Die Patriarchen hätten jedenfalls auch dem US-Präsidenten klarzumachen versucht, dass sich die Christen im Orient von ihren westlichen Brüdern verraten fühlten.

Der Delegation gehörten neben dem syrisch-katholischen Patriarchen u.a. noch der maronitische Patriarch Kardinal Bechara-Boutros Rai, der melkitische Patriarch von Antiochien, Gregoire III. Laham, der syrisch-orthodoxe Patriarch Ignatius Ephrem II. und der chaldäische Patriarch Louis Raphael I. Sako aus Bagdad an.

(kap 30.09.2014 mg)







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