Kardinal Marx: „Transparenz bei der Offenlegung der Kirchenfinanzen“
Vier Tage lang haben
die katholischen Bischöfe in Fulda diskutiert und getagt. Zum Abschluss der Herbstvollversammlung
der Deutschen Bischofskonferenz fasste der neue Vorsitzende, Kardinal Reinhard Marx,
am Freitag bei der Abschlusspressekonferenz die wichtigsten Themen zusammen.
Kritik
an Medienberichte über Kirchenfinanzen
Eine mangelnde
Differenzierung und fehlende Fachkompetenz in Medienberichten über die Kirchenfinanzen
beklagt Kardinal Reinhard Marx. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz sagte
am Freitag in Fulda vor Journalisten, manche Berichte - auch im öffentlich-rechtlichen
Fernsehen - ließen Fachwissen vermissen. Es werde zu wenig unterschieden zwischen
dem Mitgliedsbeitrag in Form der Kirchensteuer, Zuwendungen des Staates und der Refinanzierung
kirchlicher Einrichtungen, die gesamtgesellschaftliche Aufgaben übernehmen. Marx forderte
die Journalisten auf, sich der intellektuellen Herausforderung zu stellen und anzuerkennen,
dass die Kirche „nicht wie eine Wurstfabrik“ funktioniere. Mehr Transparenz bei der
Offenlegung der Kirchenfinanzen sei notwendig, dies sei aber angesichts der Komplexität
der Kirche mit ihren vielen Untergliederungen in Pfarreien und anderen Einrichtungen
schwer. Marx kündigte an, es werde spätestens bis 2016 deutliche Fortschritte bei
der Offenlegung geben.
Kirchenaustritte sind Folge der Freiheit Kardinal
Marx sprach sich gegen eine kurzsichtige Interpretation der hohen Kirchenaustrittszahlen
in Deutschland aus. Es sei sinnlos, Kirchenaustritte nur als Folge aktueller Ereignisse
zu interpretieren, sagte der Münchner Kardinal in Fulda. In Wahrheit erlebe die Kirche
derzeit die Konsequenzen eines epochalen gesellschaftlichen Umbruchs. Noch nie zuvor
hätten die Menschen weitgehende Wahlfreiheit für fast alle Aspekte ihres Lebens gehabt.
Es sei unvermeidlich, dass sich dies auch auf die Mitgliedschaft in den Kirchen auswirke.
Marx betonte, dass die Freiheit in der Gesellschaft ein großen Fortschritt sei. Die
Kirche solle nicht die Vergangenheit des christlichen Abendlandes verherrlichen und
nach einer „Rückeroberung verlorener Gebiete“ streben. Vielmehr müsse sie den freien
Menschen klarmachen, dass die Kirche für sie eine Hilfe und Stärkung sein könne. In
den Gemeinden müssten die Menschen erfahren, dass „der Glaube gut tut“. Ziel
der Kircheneinheit Die deutschen Bischöfe halten trotz jüngster Verwerfungen
in den Beziehungen mit der evangelischen Kirche in Deutschland am Ziel der Kircheneinheit
fest. In einem am Freitag in Fulda veröffentlichten Wort zur Ökumene betonen sie,
dass die katholische Kirche den vom Zweiten Vatikanischen Konzil vor 50 Jahren begonnenen
Weg zur Wiedergewinnung der kirchlichen Einheit fortsetzen wolle. Dabei gehe es sowohl
um die vor fast 1.000 Jahren zerbrochene Gemeinschaft zwischen den Kirchen des Ostens
und des Westens als auch um die „Anfragen der Reformation“, deren 500. Jahrestag im
Jahr 2017 begangen wird.
Bischöfe pochen auf Inzestverbot
Die
deutschen Bischöfe fordern die Beibehaltung des im deutschen Strafgesetzbuch geregelten
Inzestverbots. Mit Nachdruck wandte sich der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Kardinal
Reinhard Marx, am Freitag in Fulda gegen das Votum des Deutschen Ethikrats für eine
weitgehende Straflosigkeit einvernehmlicher sexueller Handlungen unter erwachsenen
Geschwistern. Er betonte, eine strafrechtseinschränkende Änderung oder gar eine Aufhebung
des Inzestverbots wäre ein irritierendes rechtspolitisches Signal und eine gesellschaftliche
Tabuverletzung. Davon würde eine Relativierung und Schwächung des verfassungsrechtlich
legitimen und ethisch bedeutsamen Schutzguts der Integrität der Familie ausgehen.
Die Bischofskonferenz, so der Kardinal, identifiziere sich klar mit dem starken
abweichenden Votum von neun Mitgliedern des Ethikrats und mit der Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts von 2008. An Bundesregierung und Bundestag appellierte Marx,
von der vom Ethikrat empfohlenen Änderung der Rechtsbestimmungen zum Inzestverbot
Abstand zu nehmen.
Der Ethikrat hatte seine Stellungnahme zum Inzestverbot
am Mittwoch abgegeben. 14 seiner Mitglieder gaben dem sexuellen Selbstbestimmungsrecht
erwachsener Geschwister den Vorrang vor anderen Rechtsgütern. Neun Mitglieder dagegen
machten deutlich, dass ihrer Meinung nach eine Revision des hier maßgeblichen Strafrechtsparagrafen
173 das „zentrale Schutzgut“ der Familie verletze. Drei Mitglieder enthielten sich
der Stimme. Die Empfehlungen des Ethikrates sind für den Gesetzgeber nicht bindend.