Misereor: Klima-Wandel trifft diejenigen, die nicht daran schuld sind
Dem UNO-Klimagipfel
in New York ging am Montag die größte globale Demonstration der bisherigen Geschichte
voraus; insgesamt 2.500 Demonstrationen formierten sich weltweit in Großstädten, um
für eine bessere Klimapolitik zu demonstrieren. Angesichts des unvermindert steigenden
CO2-Ausstoßes ist das vereinbarte Ziel, die Erderwärmung unter zwei Grad zu halten,
laut Klimaforschern kaum erreichbar – die absehbaren Folgen sind katastrophal, vor
allem für die Ärmsten der Welt. Der Politikwissenschaftler Bernd Bornhorst arbeitet
seit 25 Jahren für das päpstliche Hilfswerk Misereor, wo er die die Abteilung für
Politik und globale Zukunft leitet. Der Experte hat die Folgen des Klimawandels genau
im Blick; er erklärt gegenüber Radio Vatikan, welche Maßnahmen jetzt nötig wären,
um das Schlimmste abzuwenden: „Was wir brauchen, sind sehr konkrete Verpflichtungen
aller Regierungschefs und Staaten in Bezug auf Geld, was zur Verfügung gestellt wird
für die leider jetzt schon notwendigen Anpassungsmaßnahmen - gerade bei den Ärmsten
der Armen. Zweitens sehr konkrete Maßnahmen in Bezug des Umbaus der Wirtschaft und
der Produktionsstrukturen: Weg von fossilen Trägern hin zu erneuerbaren Energien.
Und drittens alles, was damit zu tun hat, effizienter mit Energie umzugehen. Das fängt
an bei der Gebäudesanierung und hört auf bei der Mobilität.“
Die Weltgemeinschaft
hat die gesteckten Klimaziele bislang mitnichten erreicht. So hat der globale Ausstoß
von Kohlendioxid (CO2) 2013 einen neuen Rekordwert erreicht. Misereor hat als Entwicklungshilfswerk
vor allem mit den fatalen Konsequenzen des Klimawandels zu tun, die vor allem „die
Ärmsten der Ärmsten“ betreffen, so Bornhorst. Und er nennt konkrete Beispiele:
„Wenn
sie zum Beispiel an die Überschwemmungen im Kaschmir denken, wo ganze Regionen abgeschnitten
worden sind. Das zeigt deutlich, dass die Prognose – nämlich, dass der Monsun stärker
zunehmen wird – jetzt schon eintritt. Das sind die Katastrophenfälle, die Medien manchmal
wahrnehmen. Und dann gibt es auch schleichende Veränderungen, von denen uns unsere
Partner immer wieder erzählen. Dass das, was viele Völker von ihren Vorfahren gelernt
haben, heute nicht mehr zutrifft: Wann man ernten kann, wann man aussäen muss - dass
das alles nicht mehr stimmt, weil die Dürreperioden länger werden, weil die Regenfälle
zu anderen Zeiten kommen, und das alles letztendlich zu weniger Ernte, zu Hunger und
Armut führt. Dann sind das ganz schleichende, aber jetzt schon stattfindende, konkrete
Folgen des Klimawandels.“
Die ersten Opfer des Klimawandels seien Menschen,
die ihn am wenigsten verschuldet haben und die sich am wenigsten dagegen wehren können,
erklärt Bornhorst. Jeder Weltbürger müsse ein neues Bewusstsein um die Folgen des
Klimawandels erlangen, appelliert der Experte:
„Dass das Nichtstun teurer
wird und mehr Menschenleben fordern wird, als das Handeln. Dass wir gleichzeitig aber
auch gesellschaftliche Herausforderungen vor uns haben. Das heißt, wir alle müssen
uns die Frage stellen: Wie wollen wir eigentlich in Zukunft leben? Was bedeutet für
uns Wachstum, was bedeutet für uns Konsum? Muss es immer mehr sein, oder welche Vorstellungen
haben wir von einem guten Leben? Und wenn wir hier deutlich machen können, dass es
auch anders geht, dann wird das auch in Richtung der Politik nochmal wirksam sein.“ Der
Klimavertrag soll in rund 14 Monaten, Ende 2015, bei der UN-Klimakonferenz in Paris
verabschiedet werden und 2020 in Kraft treten. Ob die USA und China, die sich gegen
verbindliche CO2-Minderungsziele ausgesprochen hatten, mit dabei sein werden, ist
noch unklar. Auf dem aktuellen UN-Klimagipfel in New York, der mehr als 120 Staatschefs
versammelt, fehlen einige wichtige CO2-Emittenten. So ist etwa Deutschland nicht vertreten.