Mit Blick auf ertrinkende Flüchtlinge im Mittelmeer hat sich die evangelische Kirche
für ein umfassendes Seenotrettungssystem ausgesprochen. „Dass Europa bis heute kein
gemeinsames und umfassendes Seenotrettungssystem im Mittelmeer organisiert hat, ist
eine Schande“, sagte der Vorsitzende der Kammer für Migration und Integration der
Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Kirchenpräsident Volker Jung, am Mittwoch
in Hannover. Jung wies darauf hin, dass Italien mit der Operation „Mare Nostrum“ der
italienischen Marine seit Oktober 2013 mehr als 110.000 Flüchtlinge aus Seenot gerettet
habe. „Diese Operation darf jetzt nicht zurückgefahren werden. Sie muss vielmehr in
europäische Verantwortung überführt werden“, so Jung. „Die Rettung von Menschen muss
unbedingt Vorrang vor dem Schutz von Grenzen haben“.
Jung betonte zugleich,
dass es zentrale Aufgabe der europäischen Flüchtlingspolitik sei, legale und unbürokratische
Zugangswege nach Europa zu schaffen, damit Flüchtlinge gar nicht erst die lebensgefährliche
Reise übers Mittelmeer wagen müssten. „Es ist an der Zeit, der Betroffenheit Taten
folgen zu lassen, damit Schutzsuchende bei uns Zuflucht finden können, ohne vorher
ihr Leben aufs Spiel zu setzen“, so Jung weiter. Der Kirchenpräsident bezog sich auf
Berichte, nach denen sich vergangene Woche vor Malta erneut ein schweres Flüchtlingsunglück
ereignet hat: Überlebende berichteten vom Untergang eines Bootes, das von Schleppern
bewusst gerammt worden sei. 500 Tote werden befürchtet.