Zum Todestag von Dom Hélder Câmara: Einer, der nicht nur alleine träumte
Er war einer der bedeutendsten
Kämpfer Brasiliens für die Menschenrechte und gründete die ersten Basisgemeinden:
Vor genau fünfzehn Jahren verstarb Dom Hélder Câmara, Bischof von Olinda und Recife.
Câmara gehörte zu den profiliertesten Vertretern der Befreiungstheologie. Zum Gedenken
an seine Person veröffentlichte die Jesuitenzeitschrift „Popoli“ einen Artikel von
Gerolamo Fazzini. Im Interview mit Radio Vatikan sprach Fazzini über die bemerkenswerten
Parallelen zwischen Papst Franziskus und dem verstorbenen Erzbischof Câmara. Ein Beitrag
von Katharina Pfadenhauer.
In seinen Reden ging er immer bis an die Wurzeln
der Ungerechtigkeit. Er interessierte sich für die konkrete Armut, für die Gründe
dieser Armut. Er nannte Ungerechtigkeiten beim Namen. In aller Welt prangerte Câmara
während der brasilianischen Militärdiktatur von 1964 bis 1985 unter dem Regime von
General Humberto Castelo Branco die Folterer und Mörder öffentlich an. Seine Besuche
als Bischof in den Elendsvierteln von Rio, seine Bemühungen, annehmbare Wohnbedingungen
für die Armen zu schaffen, und seine Fernsehpredigten machten ihn zu seiner Zeit äußerst
populär.
In einem Interview mit Radio Vatikan berichtet Gerolamo Fazzini davon,
wie lebendig die Erinnerungen des verstorbenen Erzbischofs noch heute in Brasilien
sind und erzählt von seiner unbedingten Aufmerksamkeit den Ärmsten und Schwächsten
gegenüber und den auffallenden Parallelen zu Papst Franziskus. Beide verbinde eine
sehr pastorale, bescheidene und vor allem volksnahe Art.
„Es ist die Art
ihres Auftretens: als eine pastorale Person, aber dennoch nicht unerreichbar, eine
Leitfigur, aber keine, die befiehlt, nicht eine, die auf einem Stuhl über anderen
sitzt“.
Genau wie Papst Franziskus sprach Câmara nicht nur über Armut,
sondern versuchte, ihr entgegenzuwirken: Er fuhr in Armenviertel, er setzte sich national
wie international für gewaltlose Sozial- und Landreformen zugunsten der ausgebeuteten
Kleinbauern in Brasilien und der übrigen Dritten Welt ein.
Aber nicht nur
sein Einsatz für die Ärmsten dieser Welt, ist es, was wir heute bei Papst Franziskus
wiedersehen, sagt Fazzini. Es sei auch ihr Wesen, das die beiden miteinander verbindet:
Ihre eigene Armut, ihre Wesentlichkeit und Bescheidenheit, ihre Einfachheit. Das alles
kennt man heute von Papst Franziskus, aber auch Câmara habe dies zu seiner Zeit Tag
für Tag gelebt.
„Er hatte ein sehr einfaches Zimmer, das er als Arbeitszimmer
nutzte und das mit einer Hängematte ausgestattet war, in der er in seinen letzten
Tagen auch geschlafen hat. Auch das ist etwas, das wir mit dem Wohnsitz von Papst
Franziskus im Gästehaus Santa Marta vergleichen können. Aber auch ihre menschlichen
Züge verbinden die beiden miteinander: Diese bedingungslose Aufmerksamkeit anderen
Menschen gegenüber, die Zärtlichkeit, die Geste des Hinunterbückens zu anderen Menschen,
als ob sie in diesem Moment die wichtigste Person wäre. Ich hatte das Glück, Camara
während einer seiner Reisen nach Italien persönlich zu treffen: die Fähigkeit innezuhalten,
mit den Menschen zu sprechen und sich auszutauschen, selbst wenn es Sprachbarrieren
gab, das alles erinnert mich ein bisschen an Papst Franziskus“.
Für seine
Aufmerksamkeit den Armen gegenüber sei Câmara oft als Kommunist beschimpft worden,
auch dem Papst werde nicht selten vorgeworfen, ein Marxist zu sein. Auffallend ähnlich
seien abermals die Antworten der beiden auf diesen Vorwurf:
„Die Armut
ist keine Flagge des Kommunismus, sie ist eine Flagge des Evangeliums.“
„Wenn
einer allein träumt, ist es nur ein Traum. Wenn viele gemeinsam träumen, ist das der
Anfang einer neuen Wirklichkeit“. Es ist einer der wohl bekanntesten Sätze von Erzbischof
Hélder Pessoa Câmara, der in den Tagen dieses durch Krisen, Krieg und Leid geprägten
Sommers 2014 zumindest einen Funken Hoffnung auf friedvollere Zeiten birgt.