Papst bei Sant'Egidio: Begegnung mit Flüchtlingen, Obdachlosen und engagierten Laien
Papst Franziskus hat am Sonntagnachmittag der im Caritas- und Sozialbereich engagierten
katholischen Gemeinschaft Sant'Egidio einen Besuch abgestattet. In der römischen Basilika
Santa Maria in Trastevere nahm er an einem Wortgottesdienst teil, den die Gemeinschaft
zusammen mit von ihr betreuten Armen, Obdachlosen, Flüchtlingen, Behinderten und Roma
gestaltete. Anschließend besuchte er das nahegelegte Zentrum von Sant'Egidio.
Papst:
Menschen am Rande nie vergessen - Aufruf zur Friedensarbeit In der überfüllten
Basilika Santa Maria in Trastevere betete der Papst zunächst vor der Marienikone der
ältesten Marienkirche Rom. In seiner Ansprache wandte er sich erneut gegen die Gleichgültigkeit
gegenüber Bedürftigen und rief insbesondere zur Fürsorge für Alte und Kinder auf -
diese sei ein Indikator für die menschliche Qualität einer Gesellschaft, formulierte
der Papst. Ein Volk, das sich nicht um seine jungen und alten Menschen kümmere, sei
ein Volk ohne Zukunft, ein Volk ohne Hoffnung, ergänzte er. Die Jugend und die Alten
stünden für die Zukunft und die Erinnerung einer Gesellschaft.
Weiter würdigte
der Papst die Friedensarbeit von Sant'Egidio. Die Arbeit für den Frieden bringe oft
keine schnellen Resultate, sondern brauche Geduld und Beständigkeit, erinnerte er,
sie sei ein Handwerk. Eine Welt ohne Dialog drohe zu ersticken, fuhr er fort. U.a.
nannte er hier den interreligiösen Dialog.
Die echte Revolution sei die des
Mitleids und der Barmherzigkeit, brachte der Papst seine Gedanken abschließend auf
den Punkt.
Syrisch-orthodoxer Erzbischof bittet um Hilfe für Aleppo Zuvor
hatten Mitarbeiter und Freunde über das Wirken der Gemeinschaft Sant‘Egidio berichtet.
Als erster sprach der syrisch-orthodoxe Erzbischof Dionisius Jean Kawak, der seit
langem im Kontakt mit Sant'Egidio steht, über die dramatische Situation Syrien, über
die Millionen Flüchtlinge, die Obdachlosen, die Entführten und die 160.000 Toten des
Konflikts. Insbesondere forderte er Hilfe für die belagerte Stadt Aleppo. „Ich bitte
Sie und alle, denken Sie an Syrien und an seine Bevölkerung in Ihren Gebeten“, wandte
sich der Bischof an den Papst.
Danach sprachen eine 90-jährige Frau, ein 12-jähriges
Mädchen, ein junger Arbeitsloser, eine Behinderte, ein 30-jähriger Roma und ein Flüchtling
aus Afghanistan über ihre Situation und ihre Zusammenarbeit mit Sant'Egidio. Sie zeichneten
ein Bild der breiten Initiativen der katholischen Gemeinschaft für die Armen und Obdachlosen,
für die Opfer der neuen Armut, für Flüchtlinge, Sinti und Rom - durch Armenküchen,
aber auch durch Unterricht, durch Friedensschulen, die Betreuung von Aids-Kranken
und durch Rechts- und Sozialhilfe.
Einladung zum Synagogenbesuch Trotz
zeitweisem Regen hatten sich mehrere Tausend Mitglieder und Freunde von Sant'Egidio
auf dem Vorplatz der Basilika und den umliegenden Straßen versammelt. Franziskus war
am Nachmittag im Auto im vatikaneigenen Palazzo San Calisto eingetroffen, dem Sitz
mehrerer Kurienbehörden. Nach der Begrüßung durch den Sant'Egidio-Gründer Andrea Riccardi
und den Präsidenten Marco Impagliazzo begab er sich zu Fuß durch das Menschenspalier
zur wenige hundert Meter entfernten Basilika.
Auf dem Platz traf er auch mit
der Leitung der jüdischen Gemeinde Roms zusammen, die ihn zu einem Besuch ihrer Synagoge
einluden. Dem Vernehmen nach soll der Papst am Rande der jüngste Friedensgebete mit
den Präsidenten Israels und Palästinas bei der Begegnung mit Juden aus Italien von
der Möglichkeit einer Visite in der römischen Synagoge gesprochen haben.
Die
im Mai 1968 in Trastevere entstandene Gemeinschaft Sant'Egidio hat nach eigenen Angaben
rund 60.000 Mitglieder in 70 Ländern. Wegen ihrer guten internationalen Kontakte und
aufgrund von erfolgreichen Friedensvermittlungen wird die Gemeinschaft mitunter auch
als „Uno von Trastevere“ bezeichnet.