„Franziskus hat im Heiligen Land ein neues Kapitel des Dialogs aufgeschlagen“
Die Reise von Papst
Franziskus ins Heilige Land war ein durchschlagender Erfolg: der Papst habe eine neue
Sprache und neue Gesten gefunden. Das sagt Kardinal Jean-Louis Tauran, der Verantwortliche
des Heiligen Stuhles für den Dialog mit dem Islam.
„Das Bild des Papstes
mit seinen beiden Freunden, dem Rabbiner und dem Imam, vor der Klagemauer, ist das
Bild, das diese Pilgerreise am besten zusammenfasst. Die Bedeutung des interreligiösen
Dialogs – denn alles hängt davon ab, dass die Leute sich kennen, sich sprechen, sich
ansehen, sich zuhören, und akzeptieren, im anderen etwas Positives zu erkennen ; etwas
vom Heiligen und von der Wahrheit, die jede Religion besitzt, auch wenn wir wissen,
dass Jesus die Wahrheit ist.“
Der französische Kurienkardinal ist ein erfahrener
Diplomat. Bevor Papst Benedikt ihn an die Spitze des Päpstlichen Rates für den Interreligiösen
Dialog berief, wirkte Tauran lange Jahre im diplomatischen Dienst. Er begleitete Franziskus
auf seiner Heiliglandreise, war dabei, als der Papst die Einladung an die Präsidenten
Israels und Palästinas zum Friedensgebet aussprach.
„Kommt zu mir nach
Hause – so hat er es ausgedrückt, ganz einfach, mit Worten des Herzens. Ich glaube
das ist letztlich ein Appell an alle Christen, besonders die katholischen. In der
Gesellschaft von heute haben wir eine besondere Form von ausgeübter Macht, man könnte
sie ,die Macht des Herzens‘ nennen. Und ich habe das gesehen, als der Papst mit seinen
Gesprächspartnern sprach: die Macht des Herzens. Er sieht im anderen wirklich einen
Bruder. Das ist nicht bloß ein ,Tolerieren‘, sondern das ist ein ,Lieben‘. Wie in
einer Familie: da toleriert man sich nicht, man liebt sich. Und über diese einfachen
Worte, die nichts zu tun haben mit dem internationalen Recht oder den diplomatischen
Gebräuchen, hat der Papst wirklich ein neues Kapitel aufgeschlagen. Der Nahe Osten,
der Dialog zwischen den Religionen, das Ringen um den Frieden können nicht auf dem
Status von heute bleiben: etwas Neues geschieht, dank der Macht des Herzens.“