Kardinal: Bücher können Einfluss nehmen auf die Geschichte eines Volkes
Der Vatikan ist Ehrengastland
bei der derzeit laufenden Turiner Buchmesse. Bei der Leistungsschau der sehr regen
italienischen Verlagslandschaft ist zwar der Vatikanverlag bereits seit vielen Jahren
vertreten, doch der Status als Ehrengastland ist eine Premiere für den Vatikan. Der
päpstliche „Kulturminister“ Kardinal Gianfranco Ravasi zeichnet für den vatikanischen
Auftritt bei der „Fiera Internazionale del Libro di Torino“ verantwortlich. Unser
Kollege Mario Galgano hat ihn in einer Kaffeepause nach seiner Stimmungslage befragt:
„Ich bin aufgeregt, besonders wegen dieser hier aufgestapelten Kuppel aus
Büchern, die auf emblematische Weise den Heiligen Stuhl darstellt. Und auch weil ich
hier meine Welt wiederfinde, ich habe ja fast mein ganzes Leben umgeben von Büchern
zugebracht. Und wenn ich von Büchern umgeben bin, fühle ich mich, als hätte ich gewissermaßen
einen neuen Atem.“
Welche Botschaft Kardinal Ravasi gerne abgeben möchte,
fragte ihn unser Kollege noch. Eine Botschaft mit zwei Gesichtern, antwortete der
Kardinal:
“Einerseits möchte ich einladen zur Lektüre der Texte, denn die
Lektüre ist, wie ein französischer Autor sagte, ähnlich wie Lieben: Es verlängert
die Lebenszeit. Und das stimmt! Denn die Phantasie sorgt dafür, dass die Chronologie
nicht mehr eine materielle ist, sondern eine innere, eine spirituelle. Und das zweite
richtet sich an die Autoren: Geschrieben Seiten sind immer lebendige Seiten und können
im Guten wie im Schlechten Einfluss nehmen auf die Geschichte eines Volkes.”
Schon
im Vorjahr der Turiner Buchmesse hatten die Schriften der Päpste Benedikt und Franziskus
zu großer Sichtbarkeit des Heiligen Stuhls beigetragen. Dass der Vatikan nun Ehrengast
ist, hat auch mit den piemontesischen Wurzeln des argentinischen Papstes zu tun. Die
Schriften von Franziskus stehen bisher allerdings von ihrer verkauften Auflage her
im deutschen Sprachraum hinter jenen von Papst Benedikt zurück.