Ende eines „Wunders“:
Die Bischöfe von El Salvador halten den Waffenstillstand zwischen den grausamen Jugendbanden
im Land, den so genannten „Maras“, für gescheitert. Der Pakt zwischen den Banden,
der im März 2012 offenbar von einem Bischof vermittelt wurde, hat dem Land nur eine
kurze Atempause verschafft. Jetzt gibt es einen politischen Umbruch in El Salvador
– die Rechtsregierung ist abgewählt, der frühere Guerillero Sánchez Cerén, ein Linkspolitiker,
ist gerade zum künftigen Präsidenten gewählt worden. Das gibt dem Land die Möglichkeit
zur Neuausrichtung seiner Politik den Banden gegenüber. Der Erzbischof von San Salvador,
José Luis Escobar, sagt im Interview mit Radio Vatikan:
„Wir haben bei
der abgewählten Regierung das Phänomen erlebt, dass es irgendwie zu einem Abkommen
zwischen den verfeindeten Banden im Land kam. Es sah Frieden vor und ein Ende der
Gewalt, der Morde. Aber wir haben nie genau erfahren, wie dieser Dialog, der zu dem
Abkommen führte, überhaupt gelaufen ist. Und außerdem hat die Gesellschaft gar nicht
so sehr von der Sache profitiert: Es stimmt zwar, dass die Zahl der Morde scheinbar
zurückging. Dafür fand man aber immer wieder Leichen, etwa in Brunnen, so dass alles
darauf hindeutet, dass das Morden auf verborgene Weise weiterging!“
Der
Erzbischof hat die Befürchtung, dass die Untergrundbanden durch den Scheinfrieden
in Wirklichkeit gestärkt worden seien. Dass sie sich untereinander geeinigt hätten,
habe doch in Wirklichkeit nicht der Gesellschaft, sondern den Banden geholfen, und
die inhaftierten Bandenmitglieder seien in den Genuss von Hafterleichterungen gekommen.
„Die
Gewaltsituation hat sich für den ehrlichen, arbeitenden Menschen im Land nicht verbessert,
sondern im Gegenteil, er hat eher mehr Unsicherheit erlebt! Und darum ist die Bischofskonferenz
leider zu dem Schluss gekommen, dass der Waffenstillstand nicht zu den erhofften Resultaten
geführt hat. Übrigens sagt das nicht nur die Kirche, sondern es sagen auch viele Analysen.
Durch die Wahl der neuen Regierung hat doch auch das Volk selbst klargemacht, dass
es den Waffenstillstand nicht fortsetzen will. Das Interesse an einer Lösung des Problems
ist zwar immer noch da, aber alles sollte transparent verlaufen.“
Gegen
Verbrechen sollte wieder mit der ganzen Härte des Gesetzes vorgegangen werden, so
der Erzbischof von San Salvador. Natürlich müsse die Regierung sich flankierend darum
bemühen, jungen Leuten Alternativen zur Bandenmitgliedschaft zu bieten: Arbeitsplätze,
kurz gesagt.
„Das sollte ein Komplettprogramm sein, ein organisiertes
System, das alle Bereiche einbezieht und von der ganzen Gesellschaft mitgetragen wird.
So werden wir vorankommen.“
Die „Mara“-Jugendbanden in El Salvador
sind ausgesprochen gewalttätig; sie kontrollieren ganze Stadtteile und finanzieren
sich durch Erpressung, Menschen- und Drogenhandel. Ihr Erkennungsmerkmal sind Tätowierungen.
In ganz Mittelamerika wird das Unwesen von Jugendbanden zu einem immer schlimmeren
Phänomen, die Region ist dadurch eine der unsichersten der Welt geworden.