Ukraine: „Das würde den Frieden auf der ganzen Welt opfern“
Der Kiewer Großerzbischof Sviatoslav Schevtschuk setzt in der Krim-Krise auf die Unterstützung
von EU und Nato. Er hoffe, dass die beiden Zusammenschlüsse „die Ukraine im Falle
einer militärischen Bedrohung verteidigen werden“, sagte das Oberhaupt der mit Rom
unierten ukrainischen Katholiken der „Tagespost“ vom Samstag in Würzburg. Über seinem
Land sollte ein Flugverbot verhängt werden, „damit keiner in Versuchung gerät, die
Ukraine zu bombardieren oder eine Militärintervention zu beginnen“. Die EU müsse „unter
allen Umständen versuchen“, den diplomatischen Dialog zwischen Kiew und Moskau zu
fördern. Schevtschuk bezeichnete eine Abtrennung der Krim von der Ukraine als unannehmbar
nicht nur für sein Land, sondern für die ganze Staatengemeinschaft. Man dürfe die
Halbinsel nicht opfern, „denn das würde heißen, den Frieden auf der ganzen Welt zu
opfern“, erklärte der Großerzbischof. Dabei erinnerte er an die Garantien, die die
westlichen Länder im sogenannten Budapester Abkommen der Ukraine gegeben hätten, als
diese nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion auf den Besitz von Nuklearwaffen verzichtete.
Aus
einem Ferienziel für alle Länder der ehemaligen Sowjetunion werde gerade ein geschlossenes
Militärgebiet, sagte Schevtschuk. Viele Menschen fühlten sich bedroht, nicht nur die
Tataren. „Wer Ukrainisch spricht, wird von paramilitärischen Gruppen als Extremist
oder Faschist angesehen.“ Der Bischof plädierte dafür, die Krim zu entmilitarisieren,
damit die wachsenden Spannungen friedlich gelöst werden könnten. „Hoffen wir, dass
es nicht zu Blutvergießen kommt.“
Schevtschuk bekräftigte die Vermittlerrolle
der Religionsgemeinschaften in dem Konflikt. Die russische Propaganda versuche, Hass
zwischen Muslimen und Orthodoxen zu schüren, Russen gegen Ukrainer aufzubringen. Christen,
Muslime und Juden predigten dagegen in ihren Gemeinschaften Brüderlichkeit und Versöhnung.
Der Großerzbischof schloss die russisch-orthodoxe Kirche ausdrücklich mit ein. Die
ukrainische Kirche des Patriarchen von Moskau habe „in ihrer eigenen Herde die Sendung
des Friedensvermittlers eingenommen“.
Kyrill warnt vor einem Krieg
Der
orthodoxe Moskauer Patriarch Kyrill I. warnt derweil vor einem Krieg zwischen Russland
und der Ukraine. „Heute beten wir dafür, dass es nie einen militärischen Konflikt
gibt, dass nie Halbbrüder gleichen Glaubens auf fürchterliche Art zusammenstoßen“,
sagte das Kirchenoberhaupt am Freitag bei einem Gottesdienst in der Moskauer Christ-Erlöser-Kathedrale.
Die Souveranität anderer Staaten und deren Wunsch, selbst über ihr Leben zu entscheiden,
müsse respektiert werden. Der „gemeinsame spirituelle Raum“ dürfe allerdings nicht
zerstört werden, sagte Kyrill I. Hintergrund dieser Aussage ist die Befürchtung, die
Moskau unterstehende ukrainisch-orthodoxe Kirche könne sich für unabhängig erklären.
Der Patriarch betonte, die Kirche sei immer ein Garant für Frieden und die Einheit
gewesen.
Erneut ging Kyrill I. nicht auf die Entsendung russischer Truppen
auf die ukrainische Halbinsel Krim ein. Die ukrainisch-orthodoxe Kirche hatte ihn
Anfang März aufgefordert, seine Stimme gegen eine Militärintervention in der Ukraine
zu erheben. Sowohl das von Moskau abgespaltene orthodoxe Kiewer Patriarchat als auch
die griechisch-katholische Kirche der Ukraine werfen Kyrill I. vor, den russischen
Militäreinsatz gutzuheißen. Der Kiewer Patriarch Filaret sagte am Donnerstag, die
russisch-orthodoxe Kirche hätte die erste sein müssen, die den Kreml stoppt. Es stelle
sich die Frage, ob die russische Kirche eine Kirche Gottes oder die einer irdischen
Macht sei. Wenn sie an der Seite der Regierung sei, könne sie nicht mit Gott sein.
Antikriegs-Demo
in Moskau
In Moskau gingen laut Medienberichten an diesem Samstag
zehntausende Menschen gegen Putins Pläne friedlich auf die Straße. Die Demonstration
war von der extraparlamentarischen russischen Opposition organisiert worden. Die Demonstranten
schwenkten ukrainische Flaggen und riefen Slogans gegen den Krieg und eine Teilung
der Ukraine.
Die Bevölkerung der Krim soll am Sonntag über einen Beitritt zur
russischen Föderation abstimmen. Der Weltsicherheitsrat will derweil in einer Sondersitzung
über eine Resolution abstimmen, die das Referendum als illegal verurteilt. Die Volksabstimmung,
die von der Regierung in Kiew nicht getragen wird, könne keine Gültigkeit haben und
keine Grundlage für eine Veränderung des Status der Krim sein, so der Weltsicherheitsrat.
Alle Staaten, internationalen Organisationen und Vertreter sollten die Abstimmung
nicht anerkennen, so sein Appell.