Es hat alles nichts
genützt: König Philipp hat das Gesetz zur Sterbehilfe unterzeichnet. 210.000 Menschen
aus aller Welt hatten mit einer Online-Petition versucht, das noch in letzter Minute
abzuwenden. Belgien wird damit das erste Land der Welt, das aktive Sterbehilfe auch
für Minderjährige erlaubt, ohne jede Altersgrenze. Das Gesetz sieht vor, dass „unheilbar
kranke Kinder mit starken Schmerzen in der letzten Lebensphase“ um das Beenden ihres
Lebens bitten können. Nötig sind die Zustimmung ihrer Eltern, eines Arztes und eines
Gutachters, der dem Kind „Urteilsfähigkeit“ attestieren soll. Ferdinando Cancelli
ist „chef de clinique“ im Bereich Schmerzmedizin am Genfer Krankenhaus Bellerive.
Er sagt im Interview mit Radio Vatikan:
„Die Welt der Palliativmedizin hat
einstimmig reagiert, sie ist erschüttert über ein solches Gesetz. Man kann nur sagen:
Jemand, der ein solches Gesetz verabschiedet, kennt wohl nicht die Möglichkeiten,
die die Palliativmedizin heute bietet, vor allem bei Kindern, die sterbenskrank oder
schwer verunglückt sind. Selbst bei kleinen Patienten, denen das Gesetz „unerträgliche
und nicht zu lindernde Schmerzen“ zuschreibt, gibt es eine Palliativbehandlung, die
das Leben nicht abkürzt und den Schmerz praktisch auf null herunterfährt.“
Cancelli
hält es für „dramatisch“, dass die Eltern zum verkürzten Sterben ihres Kindes die
Zustimmung geben sollen. Er zitiert die belgischen Bischöfe mit dem Urteil, hier werde
„nicht nur getötet, sondern hier werden auch die Bande zerstört, die es in unserer
Gesellschaft gibt“.
„Ich glaube wirklich: Zustimmen, dass das eigene Kind
getötet wird, ist eine Sache, die wirklich von innen her eines der stärksten Bande
zu zerreißen droht, die es in der Menschheitsfamilie überhaupt gibt. Hier geht es
um viel mehr als um Medizin: Das hat auch unvorhersehbare soziale und menschliche
Weiterungen.“
Statt an der Seite „verzweifelter Eltern und leidender Kinder“
zu bleiben, hat die belgische Regierung nach Einschätzung des Palliativmediziners
eine „Abkürzung“ durchs Gebüsch genommen.
„Denn Euthanasie – beziehungsweise
assistierter Suizid – ist immer der kürzeste Weg. Uns ist schon klar, dass das menschliche
Leiden immer etwas Unvermeidbares bleiben wird, doch mit Sicherheit gibt ein solches
Abkürzen niemandem die Möglichkeit noch die Zeit, um sich der Lage zu stellen... Unsere
Forschungen haben ergeben, dass die Nachfrage nach Euthanasie – nach dem Tod also
– in palliativmedizinischen Abteilungen sehr viel seltener sind als in den anderen
Abteilungen. Das ist doch ein Faktum, das viele Fragen aufwirft: Wenn man für den
Kranken wirklich alles tut, was man kann (medizinisch, pharmakologisch, von Begleitung
und Krankenpflege her, psychologisch, auch geistlich), dann sinkt die Zahl der Bitten
um einen vorgezogenen Tod drastisch.“