Ein von Krämpfen geschüttelter Jugendlicher wird auf den Boden geworfen, er hat Schaum
vor dem Mund. Sein Vater beschwört Jesus, ihn von der Besessenheit zu befreien. Dieses
im Evangelium des Tages (Mk 9:14-29) geschilderte Drama nahm Papst Franziskus zum
Ausgangspunkt seiner Predigt während der Morgenmesse an diesem Montag. Das Geschnatter
der Umstehenden, die nicht helfen, dann die Ankunft Jesu, der Vater voller Sorge und
Angst, der hervortritt und gegen alle Hoffnung hofft, auf Jesus. Und Jesus, der sich
über den Jungen beugt und ihm aufhilft.
„Diese ganze Unordnung, diese Debatten
enden in einer Handlung: Jesus beugt sich herab und nimmt das Kind bei der Hand. Diese
Geste Jesu macht uns nachdenklich. Wenn Jesus heilt, wenn er unter die Menschen geht
und einen von ihnen heilt, dann lässt er ihn nicht allein. Er ist kein Magier, kein
Hexer, kein Heiler, der heilt und dann weiterzieht: Er lässt ihn nach Hause zurück
kehren und lässt ihn nicht auf dem Weg zurück. Das ist ein wunderbares Handeln Jesu.“
Franziskus
erwähnte noch weitere Erzählungen aus den Evangelien, die Ähnliches berichten: Die
Auferweckung des Lazarus, die Heilung der Tochter des Jaïrus oder die Heilung des
Kindes einer Witwe. All diese Menschen kehrten nach der Heilung heim: „Jesus lässt
uns immer nach Hause zurückkehren, nie lässt er uns alleine auf der Straße“, so der
Papst. Auch die Gleichnisse vom verlorenen Schaf oder der verlorenen Münze müssten
so gedeutet werden.
„Denn Jesus ist nicht alleine vom Himmel herab gekommen,
er ist Sohn eines Volkes. Jesus ist die Verheißung an ein Volk, und seine Identität
besteht auch in der Zugehörigkeit zu jenem Volk, das seit Abraham hin zur Verheißung
unterwegs ist. Und diese Gesten Jesu lehren uns, dass uns jede Heilung, jede Vergebung
immer zu unserem Volk zurückkehren lassen, das die Kirche ist“.
In allem,
was er tut, vergebe Jesus, fuhr der Papst fort. Jesu Handeln werde sogar „revolutionär“
oder „unerklärlich“, und zwar immer dann, wenn seine Vergebung den erreiche, der sich
„zu sehr“ entfernt habe wie im Fall des Zöllners Matthäus oder dessen Kollegen Zachäus.
Immer, wenn Jesus vergebe, lasse er nach Hause zurückkehren, unterstrich Franziskus.
Man könne Jesus nicht ohne sein Volk verstehen. Wie in der Vergangenheit bereits einige
Male verwies Franziskus auf ein Wort von Papst Paul VI.: Es sei absurd, Jesus ohne
die Kirche zu lieben, Christus zu spüren, nicht aber die Kirche, Christus außerhalb
der Kirche nachzufolgen. „Christus und die Kirche sind vereint“, so Franziskus, „und
jedes Mal, wenn Christus einen Menschen beruft, bringt er ihn zur Kirche“. Aus diesem
Grund sei es gut, dass ein Kind in der Kirche, der Mutter Kirche, getauft werde:
„Dieses
Handeln einer so großen Zärtlichkeit Jesu lässt uns begreifen: Unsere Lehre, sagen
wir es so, oder unsere Nachfolge Christi ist keine Idee, es ist vielmehr ein ständiges
Zuhause bleiben. Und wenn einer von uns die Möglichkeit hat oder wirklich aufgrund
einer Sünde, eines Fehlers, von zu Hause weggeht – dann besteht unser Heil darin,
nach Hause zurückzukehren, mit Jesus in die Kirche. Dies sind Gesten der Zärtlichkeit.
Jeden einzelnen von uns ruft der Herr auf diese Weise in sein Volk, in seine Familie,
unsere Mutter, die Heilige Kirche. Denken wir an dieses Handeln Jesu“.
NB:
Das Evangelium, über das der Papst predigte, war das Tagesevangelium nach der Leseordnung,
nicht das in deutschsprachigen Leseordnungen vorgesehene Evangelium zum Fest des Apostels
Matthias.