Kommentar: „Hollande wirbt um Gunst der Katholiken“
François Hollande
will seinen Besuch im Vatikan nach Angaben eines Beraters als „starke Botschaft des
Dialogs und der Aufmerksamkeit für die Katholiken“ verstanden wissen. Dabei erntete
er mit umstrittenen Gesetzesvorhaben zuletzt viel Kritik gerade von katholischer Seite.
So verabschiedete das französische Parlament am Dienstagabend noch ein umstrittenes
Abtreibungsgesetz, nach dem Frauen künftig auch dann straffrei abtreiben können, wenn
sie sich nicht „in einer Notlage“ befinden. Weitere „heiße Eisen“ sind die Einführung
der so genannten gleichgeschlechtlichen „Ehe“, die bedingte Zulassung der embryonalen
Stammzellforschung und die aktive „Sterbehilfe“: Das sind alles Fragen, die „in den
Kern des christlichen Glaubens eingreifen“, erinnert Stefan Lunte von der Europäischen
Kommission der Bischofskonferenzen (COMECE). Dabei gehe es ebenso um die Frage, wie
Christen in Frankreich überhaupt wertgeschätzt würden, so Lunte im Gespräch mit dem
Domradio Köln:
„Es hat zum Beispiel sehr sehr lange gedauert, bis die französischen
Verantwortlichen – Innenminister und Staatspräsident – sich geäußert haben zur Profanierung
von Kirchen und zu den brutalen Demonstrationen in Kirchenräumen; das sind Dinge,
die schwer auf dem Verhältnis von Katholiken zur gegenwärtigen Regierung lasten.“
Ein
Dauerspannungsfeld zwischen französischem Staat und Religionsgemeinschaften ist die
Laizität und der Laizismus, sprich: Nutzt der Staat seine weltanschauliche Neutralität,
um freie Religionsausübung positiv zu schützen und zu begünstigen? Oder definiert
er den öffentlichen Raum tendenziell als frei von religiösem Bekenntnis? Die teils
widersprüchlichen Urteile französischer Gerichte zum Tragen religiöser Symbole spiegeln
die gesellschaftliche wie behördliche Verunsicherung bei diesem Thema wider. Wie ist
vor diesem Hintergrund der Besuch des französischen Präsidenten beim Papst einzuordnen?
Hollande wirbt um die Gunst der Katholiken und um Konsens im Land, urteilt Stefan
Lunte:
„Das ist ein ganz klar erkennbares Motiv dieses Besuches. Das ist
ja kein Besuch, der von Seiten des Vatikans eingefädelt wurde, niemand wird eingeladen
vom Papst, sondern man erbittet eine Audienz. Und das ist vor einem Monat, erst vor
wenigen Wochen, geschehen. Und es geht ganz klar darum, aus Sicht des französischen
Präsidenten vor allem vor den bevorstehenden Kommunalwahlen für ein wenig gute Stimmung
zu sorgen. Es besteht die Hoffnung, dass sich das Klima zwischen dem französischen
Präsidenten und den Katholiken verbessert.“
Wird das reichen? Wird Hollande
damit Erfolg haben? Lunte glaubt, nein:
„Ich bin da skeptisch, weil gerade
die Ankündigung zum Sterbehilfegesetz doch jetzt auch weit übergreifend in alle Lager
der katholischen Kirche hinein für viel Unruhe sorgt.“