Glück: „Statt aktiver Sterbehilfe mehr Palliativ-Angebote“
Sterbehilfe schon
für Kinder? Was in Belgien gerade Normalität wird, will Alois Glück für Deutschland
verhindern. Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken hat große Vorbehalte
gegen aktive Sterbehilfe. Die ist zwar in Deutschland offiziell verboten, erlaubt
ist bislang aber die „gewerbliche und die organisatorische Vermittlung von Sterbehilfe“.
Wo ist denn da der Unterschied?, fragte das Kölner Domradio Glück.
„Der
Unterschied liegt darin, dass sich Organisationen gegründet haben. Wir haben die Situation
in der Schweiz, wir haben sie auch in Belgien, wir haben sie aber auch schon in Deutschland,
etwa mit einem Verein in Hamburg. Dort wird organisiert geworben für entsprechende
Angebote dieser Organisationen für die Beihilfe (zum Selbstmord). Daraus entsteht
natürlich eine gesamtgesellschaftliche Entwicklung, die im hohen Maße bedenklich ist,
denn wenn das zulässig wird oder gar Standard würde, dann entstehen daraus enorme
Drucksituationen auf Menschen. Es geht auch um die Rolle der Ärzte in dem Zusammenhang.“
Eine
ganz andere Frage sei es, „wenn sich der einzelne Mensch dafür entscheidet“, so Alois
Glück:
„Dann gebietet der Respekt, wenn er ganz persönlich diesen Weg gehen
will, hier nicht mit dem Strafrecht zu reagieren. Das ist das, was Minister Gröhe
dann auch so formuliert hat. In der letzten Legislaturperiode des Deutschen Bundestages
gab es einen Gesetzentwurf. Es gab eine sehr kontroverse Debatte und es kam zu keiner
Verabschiedung, was letztlich auch gut war, und damit ist das Thema jetzt wieder aktuell
für einen neuen Bundestag.“
Der neue Berliner Gesundheitsminister Hermann
Gröhe, bisher CDU-Generalsekretär, will ins Gesetz hineinschreiben lassen, dass man
mit den Ängsten der Menschen vor dem Sterben kein Geschäft machen dürfe. Generell
aber soll Selbsttötung – oder der Versuch dazu – straffrei bleiben, weil es menschliche
Dramen gebe, vor denen das Strafrecht zu Recht schweige, so Gröhe gegenüber rp-online.
Alois Glück stimmt dem Minister zu:
„Das Strafrecht sollte schweigen in
dem Bereich, wo es um diesen ganz persönlichen, etwa familiären Bereich geht. Wir
haben heute auch kirchlich eine andere Einstellung, etwa zur Frage des Suizids. Es
liegt die Zeit nicht zu lang zurück, wo beispielsweise Selbstmörder nicht kirchlich
beerdigt wurden. Aber es ist eine ganz andere Frage, wenn dann organisierte Formen
in der Gesellschaft entstehen und sich damit auch gesellschaftliche Normen verändern,
an deren Schluss (gerade unter den Aspekten der Auswirkungen der demografischen Entwicklung)
Drucksituationen auf Menschen entstehen, die nicht akzeptiert werden können.“
Verschiedene
Prominente wie Fritz J. Raddatz oder Udo Reiter setzen sich für aktive Sterbehilfe
auch in Deutschland ein. Jedes Jahr würden von den Krankenkassen auch 100.000 Abtreibungen
bezahlt. „Warum soll es bei der Sterbehilfe nicht so gehen?“, fragte der ehemalige
MDR-Intendant Reiter, der nach einem Autounfall seit 1966 querschnittsgelähmt ist.
Glück wirbt für einen ganz anderen Weg:
„Reagieren müssen wir mit positiven
Angeboten. Deswegen genügt es nämlich sowohl für die Kirchen wie für die Politik nicht,
diese Entwicklung abzulehnen. Das noch Wichtigere ist dann, die heutigen Möglichkeiten
der Palliativmedizin in der Hospizbegleitung allen Menschen zugänglich zu machen.
Die große Zustimmung auch bei Umfragen zur sogenannten aktiven Sterbehilfe kommt aus
den Ängsten der Menschen vor einem langen schmerzvollen Weg, womöglich in Einsamkeit.
Wir haben heute die Möglichkeit, mit der Palliativmedizin in den allerallermeisten
Fällen einen weitgehend schmerzfreien Weg zu ermöglichen. Diese Menschen brauchen
die Zuwendung durch Hospizbegleitung. Das ist jetzt die besondere Bringschuld, nicht
nur in den Krankenhäusern. Dort gibt es Gott sei Dank eine gewisse Entwicklung in
der Palliativmedizin, aber da ist noch viel innere Korrektur in der Medizin notwendig...“