Kommentar: Jetzt muss die Franziskus-Begeisterung konkret werden
Ab dem 1. Januar gilt in der EU, dass auch Bulgaren und Rumänen das Recht haben, überall
in der Gemeinschaft zu arbeiten, wie alle anderen auch. Um den Markt vor Billigarbeitskräften
zu schützen, war dieses Recht beim Beitritt zunächst beschränkt worden, diese Beschränkung
fällt nun weg. Das ist die Gelegenheit, zu sehen, ob Papst Franziskus ernst genommen
wird oder nicht, meint unser Redaktionsleiter Pater Bernd Hagenkord.
„Armutszuwanderer“:
Ein hässliches Wort, weil es keine Beschreibung ist, sondern eine Unterstellung. Gegen
die Fakten, die das Arbeitsministerium vorlegt, schürt eine Partei im Südosten der
Bundesrepublik Angst. Man will – so die CSU in einer Beschlussvorlage – den „fortgesetzten
Missbrauch der europäischen Freizügigkeit durch Armutszuwanderung“ stoppen, eine Wiedereinreisesperre
bei Betrug soll es ebenso geben wir ein Loch von drei Monaten: Drei Monate lang nach
der Einreise soll man keine Sozialleistungen bekommen dürfen. So will also eine Partei,
die sich christlich nennt, mit Zuwanderern umgehen.
Wie gesagt, das steht gegen
die statistischen Angaben der Regierung, die davon spricht, dass die Anzahl etwa versicherter
Zuwanderung stärker steige als die Anzahl der Zuwanderer als solche. Es wird also
eine Angstdebatte geführt.
Der Vollständigkeit halber: Das ist gar nichts im
Vergleich damit, was britische Zeitungen an Horrorszenarien an die Wand malen. Aber
ich bleibe hier mal in der eigenen Sprache.
Nun mag ich mich hier nicht in
die politische Debatte einmischen. Aber die Debatte hat einen Nebeneffekt: „Wer betrügt,
fliegt!“ – so die CSU – ist ein Motto, das uns zeigt, wie unbequem der Papst sein
kann. Menschen, die fliehen, sind Flüchtlinge. Gleich ob sie der krassen Armut
in ihrer Heimat entkommen wollen, der Zukunftslosigkeit, oder aus welchem Grund auch
sonst sie kommen wollen: Sie sehen den über alle TV-Kanäle verbreiteten Wohlstand
in unseren Ländern und möchten lieber hier als anderswo ihr Glück versuchen. Und zu
behaupten, die wollten nicht arbeiten sondern auf unsere Kosten leben, ist schon ziemlich
dreist.
Jetzt wird es konkret, wenn wir uns das in Erinnerung rufen, was der
Papst in den vergangenen Monaten über Barmherzigkeit, Flüchtlinge, Kapitalismus und
all das andere gesagt hat. Nehmen wir uns Evangelii Gaudium vor: „Es verlangt Entscheidungen,
Programme, Mechanismen und Prozesse, die ganz spezifisch ausgerichtet sind auf eine
bessere Verteilung der Einkünfte, auf die Schaffung von Arbeitsmöglichkeiten und auf
eine ganzheitliche Förderung der Armen, die mehr ist als das bloße Sozialhilfesystem“
(EG 204). Klingt wunderbar, wird aber angewandt auf Deutschland nun auf einmal sehr
konkret. Oder hier: „Um einen Lebensstil vertreten zu können, der die anderen ausschließt
(…) hat sich eine Globalisierung der Gleichgültigkeit entwickelt“ (EG 54). Fühlt sich
jemand angesprochen?
Alle finden Papst Franziskus toll und geben die eigene
Begeisterung für diesen dynamischen Papst zu Protokoll. Nun aber mal Butter bei die
Fische, wie man bei uns sagt: Jetzt bitte diese Begeisterung auch Konkret werden lassen.
Viele Menschen auf dem Planeten warten darauf!