Von Syrien wird im
Moment kaum noch gesprochen – dabei erleben wir gerade den 1000. Tag des Mordens und
Schlachtens im Land. Wer nicht ins Ausland flüchten konnte, ist eingesperrt vom Krieg.
Und unsere Gesprächspartnerin ist noch eingesperrter: Sie ist nämlich Trappistin in
Syrien – dieser Reformzweig der Zisterzienser führt ein kontemplatives Leben in einigermaßen
strenger Klausur. In ihrer Abgeschiedenheit denkt Schwester M. in diesen Tagen oft
an die zwölf orthodoxen Nonnen, die vor einer Woche aus einem Kloster im berühmten
Christendorf Maalula verschleppt worden sind.
„Wir sind gewissermaßen in
derselben Lage... nur dass wir in einer Gegend sind, die eine mehrheitlich alawitische
Bevölkerung hat. Darum laufen wir weniger Gefahren als die Schwestern, die sich von
Sunniten umgeben sehen. Wir können uns sehr in sie hineinfühlen, in all diese Gemeinschaften,
die von Hass umzingelt sind. Wir haben sie im Herzen und beten für sie.“
Alawiten
– das ist die Ausprägung des Islam, zu der auch Präsident Baschar al-Assad gehört.
Zum sunnitischen Islam hingegen bekennt sich eine Mehrheit der syrischen Muslime;
allerdings sind auch viele der fundamentalistischen Rebellengruppen, die Assad bekämpfen,
sunnitisch. Die Trappistinnen wollen, all ihrer Abgeschiedenheit zum Trotz, etwas
für den Frieden in Syrien tun.
„In gewisser Weise ist doch unsere Lebensweise,
auch die wenigen Kontakte, die wir nach draußen haben, eine Art und Weise, um für
den Frieden zu arbeiten. Dass wir hier sind und für sie beten, hat doch eine große
Bedeutung. Und außerdem beherbergen wir ja viele Menschen, auch dadurch halten wir
die Hoffnung aufrecht. Das große Problem ist, dass die Hoffnung verfällt und die Leute
sich nicht mehr bewegen.“
Die Trappistinnen haben gute Kontakte zur italienischen
Kirche und bekommen Hilfslieferungen direkt von dort.
„Es sind in der Regel
die Kirchen, die versuchen, andere zu unterstützen. Wir sind so ein Hilfepunkt und
kümmern uns um obdachlos Gewordene und um Menschen, denen nichts mehr geblieben ist.
Gut, dass wir unsere Direktkontakte nach Italien haben, denn bei den internationalen
Hilfen weiß man sonst oft nicht, wohin sie gelangen und wem sie letztlich zugutekommen.“
Die
internationale Gemeinschaft versucht im Moment, eine Friedenskonferenz für Syrien
für Ende Januar 2014 auf die Beine zu stellen. Als Ort dafür ist Genf vorgesehen.
Die Aussichten, wirklich alle relevanten Kräfte an einen Tisch zu bekommen, sind nur
mittelprächtig. Und selbst wenn:
„Ein rein politischer Frieden würde gar
nicht reichen. Es geht darum, die Einheit, die es vorher im Volk gab, irgendwie wiederherzustellen.
Die Angst müsste verschwinden, damit die Leute wieder miteinander reden können. Bevor
das alles passierte – es sind inzwischen ja fast drei Jahre – wusste man normalerweise
noch nicht mal, zu welcher Religion sich dein Freund, der in der Nachbarschaft wohnte,
eigentlich bekannte. Das brauchte man gar nicht zu wissen, das Entscheidende war einfach,
dass alle zusammen eben Syrer waren. Jetzt hat hingegen jeder Angst vor dem anderen.
Und dann diese ganze Gewalt, die vor den Augen von Kindern passiert! Ich frage mich
schon, ob es diesen Leuten, die da bei ,Genf 2‘ mitverhandeln, wirklich um das Wohl
des syrischen Volkes geht. Das ist das Tragische an der Lage: Jeder setzt sich da
in Genf an den Tisch und hat doch nur seine Vorstellungen und seine eigenen Interessen
im Kopf.“