Papst: „Migranten sind keine Figuren auf dem Schachbrett der Menschheit"
Papst Franziskus hat
zu einem Haltungswandel der westlichen Welt gegenüber Migranten aufgerufen. Verteidigung
und Angst, Desinteresse und Ausgrenzung dürften nicht länger den Umgang mit Flüchtlingen
bestimmen, so der Papst in seiner Botschaft zum Welttag der Migranten, die am Dienstag
veröffentlicht wurde. Allein eine „Kultur der Begegnung“, das Gegenstück zu einer
„Wegwerf-Mentalität“ im Umgang mit Migranten, vermöge eine gerechtere und brüderlichere
Welt aufzubauen, so der Papst. In einer Twitter-Botschaft fasste er seine Aussagen
so zusammen: „Bitten wir den Herrn, ein Gespür dafür zu bekommen, das uns die Armen
mit Verständnis und Liebe, ohne Berechnung und Furcht sehen lässt." Franziskus hatte
seine erste Reise als Papst überhaupt auf die italienische Flüchtlings-Insel Lampedusa
unternommen.
Der Welttag des Migranten und Flüchtlings wird am zweiten Sonntag
nach Epiphanie begangen und fällt somit das nächste Mal auf den 19. Januar 2014. Papst
Pius X. rief den Gedenktag 1914 ins Leben, sodass der nächste Migrantentag der 100.
sein wird. Hier die Kernsätze der Botschaft von Papst Franziskus.
„Migranten
und Flüchtlinge sind keine Figuren auf dem Schachbrett der Menschheit. Es geht
um Kinder, Frauen und Männer, die aus verschiedenen Gründen ihre Häuser verlassen
oder gezwungen sind, sie zu verlassen, Menschen, die den gleichen legitimen Wunsch
haben, mehr zu lernen und mehr zu besitzen, vor allem aber mehr zu sein.
Die
augenblicklichen Migrationsströme sind die umfassendsten Bewegungen von Menschen
– wenn nicht von Völkern –, die es je gegeben hat. ... Die Wirklichkeit der Migrationen
verlangt ... eine neue angemessene und wirksame Art der Handhabung, die vor allem
eine internationale Zusammenarbeit und einen Geist tiefer Solidarität und ehrlichen
Mitgefühls erfordert.
Eine gute Synergie kann für die Regierenden eine
Ermutigung sein, den sozioökonomischen Ungleichgewichten und einer ungeregelten
Globalisierung entgegenzutreten, die zu den Ursachen von Migrationen gehören, in denen
die Menschen mehr Opfer als Protagonisten sind.
Nicht selten löst ... das
Eintreffen von Migranten, Vertriebenen, Asylbewerbern und Flüchtlingen bei der örtlichen
Bevölkerung Verdächtigungen und Feindseligkeiten aus. Es kommt die Angst auf,
dass sich Umwälzungen in der sozialen Sicherheit ergeben, dass man Gefahr läuft, die
eigene Identität und Kultur zu verlieren, dass auf dem Arbeitsmarkt die Konkurrenz
geschürt wird oder sogar dass neue Faktoren von Kriminalität eindringen. Auf diesem
Gebiet haben die sozialen Kommunikationsmittel eine sehr verantwortungsvolle
Rolle: Ihre Aufgabe ist es nämlich, feste, eingebürgerte Vorurteile zu entlarven und
korrekte Informationen zu bieten, wo es darum geht, den Fehler einiger öffentlich
anzuklagen, aber auch, die Ehrlichkeit, Rechtschaffenheit und Seelengröße der Mehrheit
zu beschreiben.
In diesem Punkt ist ein Wandel der Einstellung aller gegenüber
den Migranten und Flüchtlingen notwendig; der Übergang von einer Haltung der Verteidigung
und der Angst, des Desinteresses oder der Ausgrenzung – was letztlich genau der „Wegwerf-Mentalität“
entspricht – zu einer Einstellung, deren Basis die „Kultur der Begegnung“ ist. Diese
allein vermag eine gerechtere und brüderlichere, eine bessere Welt aufzubauen.
In
der Erfüllung des Auftrags Christi, „Geht zu allen Völkern und macht alle Menschen
zu meinen Jüngern“, ist die Kirche berufen, das Volk Gottes zu sein, das alle Völker
umfasst und allen Völkern das Evangelium verkündet, denn dem Gesicht eines jeden
Menschen ist das Angesicht Christi eingeprägt!”