2013-08-02 11:59:13

Papst Franziskus: Erziehung zum Respekt vor anderen Religionen


An die Muslime in der ganzen Welt

Es ist mir eine große Freude, Ihnen zur Feier des `Id al-Fitr einen Gruß zu schicken. Das Fest beschließt den Monat Ramadan, der vor allem dem Fasten, dem Gebet und dem Almosengeben gewidmet ist.

Mittlerweile ist es zur Tradition geworden, dass der Päpstliche Rat für den Interreligiösen Dialog Ihnen zu diesem Anlass eine Glückwunschbotschaft schickt, zusammen mit einem Thema, über das sich gemeinsam nachdenken lässt. In diesem Jahr aber, dem ersten meines Pontifikats, habe ich entschieden, diese traditionelle Botschaft selbst zu unterzeichnen und Sie Ihnen, liebe Freunde, als Ausdruck meiner Wertschätzung und Freundschaft zu allen Muslimen, vor allem zu den religiösen Führern, zu schicken.

Wie Sie alle wissen, habe ich mir, als mich die Kardinäle zum Bischof von Rom und zum universellen Hirten der katholischen Kirche wählten, den Namen „Franziskus“ gegeben. Es ist der Name eines sehr bekannten Heiligen, der Gott und jedes menschliche Wesen zutiefst geliebt hat – so sehr, dass er „universeller Bruder“ genannt wurde. Er hat die Bedürftigen, Kranken und Armen geliebt, ihnen geholfen und gedient; und er hat sich sehr um die Schöpfung gekümmert.

Mir ist bewusst, dass derzeit die familiäre und soziale Dimension besonders wichtig für die Muslime ist, und man darf feststellen, dass es in jedem dieser Bereiche gewisse Parallelen mit dem Glauben und der Praxis der Christen gibt.

Das Thema, über das ich in diesem Jahr mit euch und allen, die diese Botschaft lesen, zusammen nachdenken möchte, betrifft sowohl die Muslime als auch die Christen: Es ist die Förderung des gegenseitigen Respekts durch die Erziehung.

Das Thema dieses Jahres soll die Bedeutung von Erziehung in der Art und Weise unterstreichen, in der wir uns gegenseitig verstehen, auf der Basis des gegenseitigen Respekts. „Respekt“ bedeutet eine Haltung der Freundlichkeit gegenüber den Personen, für die wir Achtung und Wertschätzung fühlen. „Gegenseitig“ bedeutet, dass das nicht ein nur in eine Richtung verlaufender Prozess ist, sondern etwas, das von beiden Seiten geteilt wird.

Was wir in jeder Person zu respektieren gerufen sind, ist vor allem sein Leben, seine physische Unversehrtheit, seine Würde und die Rechte, die sich daraus ergeben, seine Reputation, sein Eigentum, seine ethnische und kulturelle Identität, seine Vorstellungen und seine politische Wahl. Wir sind also dazu aufgerufen, über den anderen auf respektvolle Weise zu denken, zu reden und zu schreiben – nicht nur in seiner Anwesenheit, sondern immer und überall, unter Vermeidung ungerechter Kritiken oder Diffamierungen. Um dieses Ziel zu erreichen, haben die Familien, die Schulen, der Religionsunterricht und jede Form der Kommunikationsmittel eine Rolle zu erfüllen.

Wenn wir nun zum gegenseitigen Respekt in den interreligiösen Beziehungen, speziell denen zwischen Christen und Muslimen kommen, dann sind wir aufgerufen, die Religion des anderen, ihre Lehren, Symbole und Werte zu respektieren. Ein besonderer Respekt ist den religiösen Führern und den Kultorten geschuldet. Wie viel Schmerz bereiten doch die Angriffe auf die einen oder anderen von ihnen!

Wenn wir Respekt vor der Religion der anderen zeigen oder ihnen zu einem religiösen Fest gratulieren, versuchen wir natürlich einfach, ihre Freude zu teilen, ohne uns auf den Inhalt ihrer religiösen Überzeugungen zu beziehen.

Was die Erziehung der muslimischen und christlichen Jugend betrifft, müssen wir unsere jungen Leute so ausbilden, dass sie respektvoll über die anderen Religionen und deren jeweilige Anhänger denken und sprechen, ohne deren Überzeugungen und deren Praxis lächerlich zu machen oder herabzusetzen.

Wir wissen alle, dass der gegenseitige Respekt in jeder menschlichen Beziehungen fundamental ist, vor allem unter Personen, die einen religiösen Glauben bekennen. Das ist die Art und Weise, auf die eine echte und dauerhafte Freundschaft wachsen kann.

Bei einer Audienz für das beim Heiligen Stuhl akkreditierte Diplomatische Corps habe ich am 22. März 2013 gesagt: „Man kann keine wahre Verbindung zu Gott haben, wenn man die anderen ignoriert. Darum ist es wichtig, den Dialog zwischen den verschiedenen Religionen zu verstärken – ich denke besonders an den mit dem Islam –, und ich habe die Anwesenheit vieler ziviler und religiöser Autoritäten der islamischen Welt bei der Messe zu meiner Amtseinführung sehr geschätzt.“ Mit diesen Worten wollte ich ein weiteres Mal die große Bedeutung des Dialogs und der Zusammenarbeit zwischen Gläubigen unterstreichen, vor allem zwischen Christen und Muslimen, und die Notwendigkeit, diese Zusammenarbeit zu verstärken.

Mit solchen Gefühlen erneuere ich meine Hoffnung, dass alle Christen und Muslime echte Förderer des gegenseitigen Respekts und der Freundschaft sein können, vor allem durch die Erziehung.

Ich versichere Sie schließlich meiner besten Glückwünsche und Gebete, auf dass Sie in Ihrem Leben den Allerhöchsten verherrlichen und Freude unter allen, die Sie umgeben, wecken können.

Ihnen allen ein frohes Fest!

Aus dem Vatikan, am 10. Juli 2013

Franziskus


(rv 02.08.2013 sk)







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