Am Samstag traute
sich Medienberichten zufolge in San Francisco das erste gleichgeschlechtliche Paar
Kaliforniens: Die Hochzeit wurde möglich durch eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes
der USA, der am Mittwoch ein Verbot der gleichgeschlechtlichen Ehe in Kalifornien
aufhob. Gleichzeitig erklärte es in Teilen ein Bundesgesetz als verfassungswidrig,
nach dem gleichgeschlechtliche Ehen auf Bundesebene nicht von den für Ehen üblichen
Vergünstigungen insbesondere steuerlicher Art profitieren können.
Präsident
Obama sowie Schwulen- und Lesbenverbände begrüßten das Urteil. Es sei ein „tragischer
Tag für die USA“, sagte hingegen der Erzbischof von New York und Vorsitzende der US-Bischofskonferenz,
Kardinal Timothy Dolan zu dem Richterspruch. Ob in den USA, in Frankreich oder Deutschland
– die katholische Kirche kämpft weltweit für den Wert der Ehe. Kim Daniels ist Sprecherin
des Vorsitzenden der US-amerikanischen Bischofskonferenz. Im Interview mit Radio Vatikan
ließ sie die Sorge erkennen, auf lange Sicht könnte die Religionsfreiheit gefährdet
sein:
„Religionsfreiheit ist ein immer größeres Sorgenkind. Während die
gleichgeschlechtliche Ehe in unserem Gesetz und in unserer Kultur immer mehr Fuß fasst,
können wir eine zunehmende Erosion der Rechte von Gläubigen beobachten, ihrem Glauben
nachzugehen. Und das ist ein schwerer Schlag gegen das Allgemeinwohl. Religiöse Institutionen
werden immer weniger gefördert (…), und es gibt noch eine Vielzahl weiterer Maßnahmen,
die die Religionsfreiheit von Katholiken und Anhängern anderer Glaubensgemeinschaften
einschränken.“
Mit dem Urteil müsste der Staat nun gleichgeschlechtliche
Ehen auch auf Bundesebene anerkennen, und das sei eine echte Ungerechtigkeit, so Daniels.
Denn die Ehe von Mann und Frau sei aller Erfahrung nach die Lebensform, die am ehesten
sicherstelle, dass Kinder mit beiden Elternteilen aufwüchsen. Die Sicherung des Kindeswohls
sei gleichzeitig eine wichtige Aufgabe für das Allgemeinwohl, das mit der Entscheidung
in Frage gestellt werde, findet Daniels:
„Wir werden die Auswirkungen wohl
erst in Zukunft wirklich sehen können. Doch Religionsfreiheit wird eine Hauptsorge
für uns sein – wir haben bereits in Massachusetts, Illinois und Washington gesehen,
dass katholische Wohlfahrtseinrichtungen dazu gezwungen waren, ihre Arbeit im Zusammenhang
mit Adoptionsvermittlungen einzustellen, da sie ihre religiöse Grundeinstellung nicht
aufgeben wollten, nach der Kinder am besten mit einem Vater und einer Mutter aufwachsen.“
Die
Neudefinition der Ehe höhle langsam das traditionelle Eheverständnis aus, so die Sprecherin.
Daniels zeigt sich jedoch zuversichtlich, dass die Stimme der Katholiken im Land nach
wie vor Einiges bewirken kann:
„Natürlich werden wir weiterhin Zeugnis über
die Bedeutung der heterosexuellen Ehe für das Allgemeinwohl unserer Gesellschaft ablegen.
Und ich denke, das Gebet, das öffentliche Zeugnis und Bildung sind die ersten Schritte.
Jedoch müssen wir wirklich unsere Anstrengungen verdoppeln. Und wir müssen weiter
für die heterosexuelle Ehe eintreten, denn wir sind eine wichtige Stimme, was das
betrifft.“
Hintergrund
Durch das Gerichtsurteil wurde
das Verbot der gleichgeschlechtlichen Ehen in Kalifornien aufgehoben. Außerdem wurden
einige der Beschränkungen, die auf Bundesebene gleichgeschlechtlichen Ehen auferlegt
wurden, als nicht rechtskonform erklärt. Gleichgeschlechtliche Paare hatten durch
dieses Gesetz, den „Defence of Marriage Act“ (DOMA), keinen Zugang zu Gesundheitsleistungen
und Steuererleichterungen, die gemischtgeschlechtlichen Ehepaaren vorbehalten waren.
Das Oberste Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass diese Regelungen gleichgeschlechtliche
Paare auf verfassungswidrige Weise benachteiligten. Die Beschränkungen, denen die
Ehe zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern in mehr als 30 US-amerikanischen Staaten
nach wie vor unterliegt, sind von diesem Richterspruch allerdings nicht betroffen,
denn jeder Bundesstaat ist für die Regelung seiner Ehegesetze selbst verantwortlich.
Die US-Bischöfe äußerten sich nach Bekanntwerden des Gerichtsurteils bestürzt. Ihrer
Sorge um die Religionsfreiheit verleihen die Bischöfe in diesen Tagen auch mit der
zweiten Auflage der Initiative „Fortnight for Freedom“ (14 Tage für die Freiheit)
Ausdruck. Vom 24. Juni bis zum 4. Juli (Unabhängigkeitstag der USA) gehen die Aktionen,
die USA-weit Gebet, Bildungsveranstaltungen und Veranstaltungen für die Religionsfreiheit
vorsehen. „Religionsfreiheit“, so das Statement der Bischöfe auf ihrer Website, „ist
die erste Freiheit, die uns durch Gott gegeben worden ist und die in den USA durch
die Verfassung garantiert ist.“ Außerdem beinhalte Religionsfreiheit „mehr als die
Gelegenheit, sonntags zur Messe zu gehen oder daheim den Rosenkranz zu beten. Sie
beinhaltet ebenso unsere Möglichkeiten, auf freie Weise zum Wohl aller Amerikaner
beizutragen.“