„Möge diese x-te Episode
von unentschuldbarer Gewalt das Gewissen der Verantwortlichen im Konflikt, aber auch
in der Internationalen Gemeinschaft wachrütteln, damit, wie auch Papst Franziskus
mehrfach betont hat, die Waffen schweigen und endlich die Zeit der gerechten Versöhnung
für eine friedliche Zukunft anbrechen möge.“ Mit diesen Worten reagierte Kardinal
Leonardi Sandri, der Präfekt der Kongregation für die Ostkirchen, auf den Mord am
syrischen Geistlichen Pater Francois Murat, der an diesem Montag bestätigt worden
war.
Die Mitteilung, die der Präfekt im Namen seiner gesamten Kongregation
verfasst hatte, war an den syrisch-katholischen Patriarchen Youssif Ignace III Younan
und den Kustos des Heiligen Landes gerichtet. Des Paters sei gemeinsam mit den unzählbaren
weiteren Opfern des Konfliktes im Gebet gedacht worden, mit dem die Kongregation ihre
Arbeitswoche beginnt. „Wie Pater Murat so oft betonte“, so die Mitteilung des Präfekten
weiter, „ist es der Wunsch der Christen in Syrien und im gesamten Nahen Osten, an
den Orten zu verbleiben, an denen erstmals die Heilsbotschaft ertönte, und in den
kleinen täglichen Gesten das Gesicht Christi zu zeigen“. Die Situation der Geistlichen
in dem hart umkämpften Land, soviel ist gewiss, ist nach wie vor prekär. Das beweist
auch das Zeugnis eines lokal tätigen Franziskanerpaters, der aus Sicherheitsgründen
anonym bleiben wollte:
„Das was ich weiß, ist, dass dieser Priester, dieser
Mönch dort unter uns lebte, und er hatte auch ein eigenes kleines Zentrum in der Nähe
von Ghassanieh gegründet. Er kam oft zu den Mönchen… Dann habe ich gehört, dass er
kaltblütig ermordet wurde: sie haben ihn aus seinem Konvent entführt, ihn bis zu unserem
Konvent gebracht und ihn vor unserer Tür mit Schüssen getötet. Dann sind sie in den
Konvent eingedrungen, in unseren Teil, aber auch in den Teil der Schwestern, und haben
alles geraubt, was sie wegtragen konnten. Und das war nicht das erste Mal. Als ich
diese Nachricht gehört habe, war ich sehr betroffen. Meines Erachtens entspricht dieses
Verhalten nicht dem des syrischen Volkes. Das sind Leute, die von außerhalb kommen,
Extremisten, die hierher kommen, um alles auszurotten, was nicht muslimisch ist. Und
genau deshalb wiederhole ich, dass das keine Syrer sind, denn die Syrer, Christen
und Muslime, haben seit Jahrhunderten zusammengelebt und ich glaube nicht, dass man
in so kurzer Zeit diese Geschichte des friedlichen Zusammenlebens ausradieren kann!“
Die
Bewaffneten hätten es gezielt auf christliche Einrichtungen abgesehen, so der Pater.
Den Bewohnern würden 24 bis 48 Stunden gegeben, um aus ihrem Komplex zu verschwinden.
Als Beispiel führte der Pater einen Schwesternkonvent in der Nähe von Aleppo an, dem
ein ähnliches Ultimatum gestellt worden sei:
„Als Grund dafür wird angegeben,
dass Aleppo und seine Umgebung zu muslimischem Territorium erklärt worden sind, was
bedeutet, dass kein Nichtmuslim in diesem ,Regierungsbezirk´ wohnen darf. Deshalb
müssen auch die Schwestern ihre Arbeit niederlegen, denn der Konvent wird ein Zentrum
für muslimische Erziehung und Bildung.“
Große Bedenken äußerte der Pater
in Hinblick auf die Unterstützung der Revolutionäre, die nun von immer mehr einflussreichen
westlichen Mächten befürwortet wird. Zwar gebe es Revolutionäre, die nicht dem muslimischen
Extremismus zuzurechnen seien und die selbst die Auffassung verträten, dass es nicht
den muslimischen Prinzipien entspreche, die Christen zu vertreiben. Doch die Revolution
sei von Extremisten durchsetzt, die aus anderen Ländern kämen, aus Afghanistan oder
Tschetschenien, aber auch Kämpfer aus Libyen seien unter die Revolutionstruppen geraten.
„Indem
der Westen der Revolution - ohne Unterscheidungen zu machen - hilft, kann keiner garantieren,
dass die Waffen, die von außen kommen, nicht noch in die Hände dieser Menschen gelangen.
Wir können nicht garantieren, dass das, was wir einer Gruppe zukommen lassen, nicht
an eine andere weiter gegeben wird. Man kann vielmehr das Gegenteil behaupten: Es
geschieht nicht nur, dass sie die Regierung nicht zu Fall bringen, sondern dass sie
alle Prinzipien menschlicher Kultur zu Fall bringen.“