Kardinal Turkson: „Finanzwelt erwartet konkrete Maßnahmen gegen Krise“
Der Päpstliche Rat
für Gerechtigkeit und Frieden will konkrete Schritte erarbeiten, um die Wirtschafts-
und Finanzkrise zu überwinden. Dazu gab es an diesem Montag in Rom ein Kolloquium,
an dem neben Vertretern des Rates auch Protagonisten der Finanz- und Bankenwelt teilnehmen.
Ein Dokument aus dem Jahr 2011 zur Reform des Finanzsystems bildet die Grundlage;
so der Hauptorganisator des Treffens, Kardinal Peter Turkson im Gespräch mit Radio
Vatikan. Dieses Dokument sei ein Erfolg gewesen, weil bei der Vorstellung in Frankfurt
sehr viele Bank- und Finanzleute positiv darauf reagiert hätten, erklärt der Präsident
des Päpstlichen Rates für Gerechtigkeit und Frieden.
„Nun geht es um die
zweite Runde. Diesmal geht es uns darum, über konkrete Schritte nachzudenken. Was
sollen wir konkret tun, um diese Krise zu überwinden. Die Krise ist ja schon fast
fünf Jahre alt. Aber es gibt keine Zeichen für ein Ende. Wir glauben, dass die Kirche
mit ihrer Soziallehre etwas anzubieten hat. Das möchten wir nun in diesem Kolloquium
vertiefen, um etwas Konkretes hervorzubringen.“
Bei dem Dokument aus dem
Jahr 2011 ging es auch um den Vorschlag einer internationalen Aufsicht, die die globale
Finanzwelt kontrollieren würde. Dieser Gedanke wurde bereits zu Beginn des Kolloquiums
an diesem Montag heftig diskutiert.
„Wir haben so viele Vorschläge bereits
an diesem ersten Kolloquiumstag gehört. Einer hat beispielsweise vorgeschlagen, wir
sollen ein weiteres Kolloquium in Washington durchführen, um mit den Leuten der Weltbank
zu sprechen. Vielleicht ist das eine gute Idee, aber wir müssen ganz demütig unsere
Vorschläge weiter durchdenken. Wenn aber Finanzleute wirklich den Wunsch einer internationalen
Aufsicht haben, dann möchten wir mithelfen.“
Auch Papst Franziskus gibt
mit seinen bisherigen Äußerungen wichtige Impulse für Wirtschafts- und Finanzleute.
Das sagt im Gespräch mit Radio Vatikan die Präsidentin der österreichischen Justitia-et-Pax-Kommission,
Ingeborg Gabriel, die das Kolloquium leitete. Franziskus stehe für Armut, Umweltschutz
und Frieden.
„Ich finde das sind ganz wichtige Anstöße, denn im Endeffekt
sind wir als Kirche den Armen verpflichtet. Wir sind auch der Ökologie verpflichtet,
was ja sehr oft mir der Armut einhergeht: Es sind die Ärmsten, die am meisten unter
den ökologischen Problemen, die wir heute weltweit haben, leiden. Das müssen wir im
Blick haben. Man muss auch immer wieder betonen: Wenn es uns nicht gelingt, das Finanzsystem,
das Gemeinwohl dahingehend zu durchdenken, dass es denen hilft, die am meisten darunter
leiden, dann verfehlen wir unsere Aufgabe als Ethiker und Katholiken.“
Es
sei wichtig, die Gründe für die Finanzkrise zu klären. Dies sei der erste Schritt,
um Lösungen zu finden, so Gabriel.
„Das Finanzsystem ist über weite Strecken
von Fragen des nationalen Gemeinwohls abgekoppelt worden, zum Teil aber auch vom wirtschaftlichen
Gemeinwohl. Die Realwirtschaft bekommt keine Kredite mehr. Hier ist also ein internationaler
Finanzmarkt mit einem großen spekulativen Potential entstanden - und mit einem Großmaß
an Akteuren, die ein mangelnden Verantwortungsbewusstsein haben. Das hat starke Auswirkungen
auf die Realwirtschaft und damit auch auf das Leben der Menschen. Hier können katholische
Bankiers und christliche Wirtschaftsleute Brücken bauen, damit diese Abkoppelung gestoppt
werden kann. Das ist unser Ziel.“