Nach dem Deutschen
soll es nun also ein Franzose richten: Jean-Baptiste de Franssu löst Ernst von Freyberg
an der Spitze des vatikanischen Finanzinstituts IOR ab. Freyberg hatte in den letzten
17 Monaten eine erste Reformrunde am IOR durchgeführt, dabei wurden vor allem die
Konten eines nach dem anderen durchleuchtet, über 3.000 von ihnen geschlossen und
zum ersten Mal ein Jahres-Geschäftsbericht veröffentlicht. Der 51 Jahre alte Jean-Baptiste
de Franssu leitet nun – anders als sein Vorgänger in Vollzeit-Position – die zweite
Reformrunde ein, in der sich das IOR auf das Kundengeschäft konzentrieren soll. Im
Interview mit Radio Vatikan sagt der neue IOR-Direktor:
„Ich stehe in der
Kontinuität der Arbeit, die Ernst von Freyberg geleistet hat. Meine Aufgabe will ich
mit einiger Demut angehen, weil das IOR für viele Ordensgemeinschaften und Bistümer
in der Welt eine wichtige Rolle spielt, und auch im Gesamtgefüge von Verwaltung und
Finanzen des Heiligen Stuhls. Mein großer Vorteil ist, dass ich auf dem aufbauen kann,
was mein Vorgänger ins Werk gesetzt hat. Außerdem kommt mir zugute, dass ich seit
August letzten Jahres mit der (vom Papst eingesetzten) Kommission über Struktur- und
Finanzreformen zusammengearbeitet habe und, seit Mai 2014, mit dem Wirtschaftsrat.
Darum bin ich einigermaßen auf dem Laufenden über das Räderwerk des Heiligen Stuhls
und – was auch wichtig ist – über die Richtung, die der Heilige Vater dem Ganzen geben
will.“
Franssu hat schon mehrfach mit dem Papst gesprochen und dabei den
Eindruck bekommen, Franziskus erwarte sich vom IOR erstens finanzielle Mittel, „um
den Armen zu helfen und den Glauben zu verbreiten“. Zweitens: mehr Transparenz. Und
drittens: „völlige Übereinstimmung mit den internationalen Normen und Gebräuchen“.
„Das
IOR darf sich auf keinen Fall von allen großen Bank-Einrichtungen unterscheiden! Wobei
unser Fokus vor allem auf den Kunden liegt: Wir müssen uns sicher sein, dass wir wirklich
den Erwartungen der Kunden entsprechen, also der Ordensgemeinschaften und der Bistümer,
und dass wir wirklich Service- und Produkt-Qualität bieten. Das wird wohl, mehr noch
als in der (bisherigen) Phase 1, die Phase 2 der Reorganisation des IOR prägen.“
„Das
Geld muss zirkulieren“
Es gehöre zur „Globalisierung der Wirtschaft“,
dass sich international operierende Finanzinstitute an Regeln hielten, so de Franssu.
Wenn der Heilige Stuhl ein internationaler Player sein wolle, dann müsse sich auch
sein Finanzinstitut „unbedingt an diese neuen Regelwerke halten“. Sein deutscher Vorgänger
habe „in dieser Richtung“ schon einiges geleistet, das wolle er fortsetzen. Dass der
Vatikan doch eigentlich gar keine Bank bräuchte, eine oft gehörte Bemerkung auch unter
Kardinälen, will de Franssu so nicht stehenlassen.
„Wir dienen doch den
Einrichtungen des Heiligen Stuhls, die mit der Welt da draußen in Kontakt treten und
Transaktionen durchführen wollen. Da brauchen wir auch eine Einrichtung, die einer
Bank entspricht, um solche Transaktionen machen zu können. Nehmen wir zum Beispiel
die Vatikanischen Museen – sie ziehen jedes Jahr Millionen Besucher an. Darum brauchen
sie da einen Shop, eine Bücherei; das Geld muss zirkulieren. Und darum braucht man
nun einmal eine Bank! Und natürlich ist es wichtig, dass der Heilige Stuhl genau weiß,
was sich in dieser Finanzeinrichtung, die strenggenommen keine Bank ist, tut.“
Der
Dienst an der Kurie sei das eine, der Service für katholische Kunden generell das
andere. Vatikan-Kongregationen, Bistümer, Orden und kirchliche Gemeinschaften brauchen
doch, so der Franzose, „nicht irgendeine kommerzielle Bank“, sondern eine, die dieselben
Werte hat wie sie. Und hier habe das IOR sich in den letzten Jahrzehnten große Verdienste
erworben.
„Man redet immer von Dingen, die nicht geglückt sind, aber nie
von den Dingen, die gut gelaufen sind. Dabei gibt es davon einiges beim IOR, schon
seit langem. Aber leider hat man wegen gewisser Dinge, die nicht so gut gelaufen sind,
manchmal den Eindruck, diese Einrichtung wäre vielleicht nicht imstande, wirklich
ihren Dienst zu leisten. Aber das ist nicht wahr. Wir werden auch weiterhin alles
tun, um den Kunden im Geist einer katholischen Ethik zu dienen. Alle Produkte, die
wir entwickeln, um den Erwartungen unserer Kunden zu entsprechen, werden unseren Glauben
im Mittelpunkt haben und sehr starke Werte – sie sind ja der Grund, dass Bistümer
und Kongregationen zu uns kommen und uns ihr Geld anvertrauen.“