2014-07-10 14:03:10

IOR wohin? Interview mit dem neuen Direktor


RealAudioMP3 Nach dem Deutschen soll es nun also ein Franzose richten: Jean-Baptiste de Franssu löst Ernst von Freyberg an der Spitze des vatikanischen Finanzinstituts IOR ab. Freyberg hatte in den letzten 17 Monaten eine erste Reformrunde am IOR durchgeführt, dabei wurden vor allem die Konten eines nach dem anderen durchleuchtet, über 3.000 von ihnen geschlossen und zum ersten Mal ein Jahres-Geschäftsbericht veröffentlicht. Der 51 Jahre alte Jean-Baptiste de Franssu leitet nun – anders als sein Vorgänger in Vollzeit-Position – die zweite Reformrunde ein, in der sich das IOR auf das Kundengeschäft konzentrieren soll. Im Interview mit Radio Vatikan sagt der neue IOR-Direktor:

„Ich stehe in der Kontinuität der Arbeit, die Ernst von Freyberg geleistet hat. Meine Aufgabe will ich mit einiger Demut angehen, weil das IOR für viele Ordensgemeinschaften und Bistümer in der Welt eine wichtige Rolle spielt, und auch im Gesamtgefüge von Verwaltung und Finanzen des Heiligen Stuhls. Mein großer Vorteil ist, dass ich auf dem aufbauen kann, was mein Vorgänger ins Werk gesetzt hat. Außerdem kommt mir zugute, dass ich seit August letzten Jahres mit der (vom Papst eingesetzten) Kommission über Struktur- und Finanzreformen zusammengearbeitet habe und, seit Mai 2014, mit dem Wirtschaftsrat. Darum bin ich einigermaßen auf dem Laufenden über das Räderwerk des Heiligen Stuhls und – was auch wichtig ist – über die Richtung, die der Heilige Vater dem Ganzen geben will.“

Franssu hat schon mehrfach mit dem Papst gesprochen und dabei den Eindruck bekommen, Franziskus erwarte sich vom IOR erstens finanzielle Mittel, „um den Armen zu helfen und den Glauben zu verbreiten“. Zweitens: mehr Transparenz. Und drittens: „völlige Übereinstimmung mit den internationalen Normen und Gebräuchen“.

„Das IOR darf sich auf keinen Fall von allen großen Bank-Einrichtungen unterscheiden! Wobei unser Fokus vor allem auf den Kunden liegt: Wir müssen uns sicher sein, dass wir wirklich den Erwartungen der Kunden entsprechen, also der Ordensgemeinschaften und der Bistümer, und dass wir wirklich Service- und Produkt-Qualität bieten. Das wird wohl, mehr noch als in der (bisherigen) Phase 1, die Phase 2 der Reorganisation des IOR prägen.“

„Das Geld muss zirkulieren“

Es gehöre zur „Globalisierung der Wirtschaft“, dass sich international operierende Finanzinstitute an Regeln hielten, so de Franssu. Wenn der Heilige Stuhl ein internationaler Player sein wolle, dann müsse sich auch sein Finanzinstitut „unbedingt an diese neuen Regelwerke halten“. Sein deutscher Vorgänger habe „in dieser Richtung“ schon einiges geleistet, das wolle er fortsetzen. Dass der Vatikan doch eigentlich gar keine Bank bräuchte, eine oft gehörte Bemerkung auch unter Kardinälen, will de Franssu so nicht stehenlassen.

„Wir dienen doch den Einrichtungen des Heiligen Stuhls, die mit der Welt da draußen in Kontakt treten und Transaktionen durchführen wollen. Da brauchen wir auch eine Einrichtung, die einer Bank entspricht, um solche Transaktionen machen zu können. Nehmen wir zum Beispiel die Vatikanischen Museen – sie ziehen jedes Jahr Millionen Besucher an. Darum brauchen sie da einen Shop, eine Bücherei; das Geld muss zirkulieren. Und darum braucht man nun einmal eine Bank! Und natürlich ist es wichtig, dass der Heilige Stuhl genau weiß, was sich in dieser Finanzeinrichtung, die strenggenommen keine Bank ist, tut.“

Der Dienst an der Kurie sei das eine, der Service für katholische Kunden generell das andere. Vatikan-Kongregationen, Bistümer, Orden und kirchliche Gemeinschaften brauchen doch, so der Franzose, „nicht irgendeine kommerzielle Bank“, sondern eine, die dieselben Werte hat wie sie. Und hier habe das IOR sich in den letzten Jahrzehnten große Verdienste erworben.

„Man redet immer von Dingen, die nicht geglückt sind, aber nie von den Dingen, die gut gelaufen sind. Dabei gibt es davon einiges beim IOR, schon seit langem. Aber leider hat man wegen gewisser Dinge, die nicht so gut gelaufen sind, manchmal den Eindruck, diese Einrichtung wäre vielleicht nicht imstande, wirklich ihren Dienst zu leisten. Aber das ist nicht wahr. Wir werden auch weiterhin alles tun, um den Kunden im Geist einer katholischen Ethik zu dienen. Alle Produkte, die wir entwickeln, um den Erwartungen unserer Kunden zu entsprechen, werden unseren Glauben im Mittelpunkt haben und sehr starke Werte – sie sind ja der Grund, dass Bistümer und Kongregationen zu uns kommen und uns ihr Geld anvertrauen.“

(rv 10.07.2014 sk)








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