Papst Franziskus ist
wieder auf dem Weg zurück nach Rom, an diesem Montag endete seine dreitägige Pilgerreise
ins Heilige Land. Pater Bernd Hagenkord ist unser Korrespondent vor Ort. Was für einen
Gesamteindruck macht diese Reise?
„Es war eine Pilgerreise. Manchmal hatten
wir hier in Jerusalem den Eindruck, das Thema würde sich drehen und das Ganze würde
politisch werden, etwa an der Mauer in Bethlehem oder bei der Friedensinitiative mit
den Präsidenten. Aber je länger man darüber nachdenkt, hat der Papst eigentlich nie
den Raum des Geistlichen verlassen. Nur bedeutet das bei ihm immer, dass das Wirkungen
hat weit über das Religiöse hinaus. Wir kennen das aus Rom ja auch, wenn er über arme
Kirche spricht oder die ausschließende Wirtschaft, die tötet, dann meint er das nicht
fromm, sondern will, dass wir aus den geistlichen Einsichten heraus die Welt ändern.
Davon haben wir ein wenig gesehen bei dieser Reise.“
Eine Pilgerreise,
gut, aber mit den Hinweisen auf den Frieden, die Mauer und dem Bekenntnis zur Zwei-Staaten-Lösung
und anderen Aussagen und Zeichen gab es eine ganze Reihe klar politischer Aussagen.
Und diese sind ja auch als solche verstanden worden.
„Ja. Aber der Papst
hat sich nicht vereinnahmen lassen. Wir sind durch Bethlehem gefahren, da gab es jede
Menge Plakate mit Papst, Präsident und Friedenstaube. Ich glaube, die Christen dort
waren nicht alle glücklich über diese Vereinnahmung. Der Papst war klug genug, immer
auf seinem Gebiet zu bleiben. Er hat die Rechte angesprochen, das Existenzrecht Israels,
das Recht Palästinas auf einen eigenen Staat, die Freiheit von Diskriminierung und
vor allem von Antisemitismus, und so weiter. Aber keiner der Politiker wird nun kommen
können und sagen „aber der Papst hat gesagt“, er ist immer ausgeglichen geblieben.
Vielleicht wird das bei einem Kontrast am deutlichsten: Als der Papst an der Mauer
in Bethlehem stand, brüllte der Lautsprecher palästinensische Parolen, die in ihrer
Härte und ihrem Gebrüll so gar nicht zu der Stille des Gebetes passen wollten. Aber
davon hat sich Franziskus überhaupt nicht beeindrucken lassen.“
An eindrucksvollen
Augenblicken gab es einige bei dieser Reise. Welche stechen besonders heraus?
„Eindeutig
Yad Vashem. Natürlich ist der Besuch an der Trennmauer, der Empfang durch die Flüchtlinge
und der zornige Ausbruch des Papstes gegen Gier und Waffenhandel ganz weit oben bei
den Eindrücken, aber die Meditation über den Abgrund der menschlichen Freiheit hat
mich persönlich und nicht nur mich schwer beeindruckt. Natürlich hat er über den Mord
an den Juden gesprochen, aber es war mehr als ein politischer Termin eines Staatschefs.
Es ist genau so wie bei der deutlichen Absage an Antisemitismus, es ist kein notwendiges
Bekenntnis, sondern kommt bei Franziskus von innen heraus. Und es will – hier darf
ich mich wiederholen – er will die Welt verändern oder vielleicht besser: der Papst
will, dass wir die Welt verändern.“
Als Herzstück der Reise wurde vorher
immer und immer wieder die Ökumene genannt, die Erinnerung an die Begegnung vor fünfzig
Jahren zwischen dem griechisch-orthodoxen Patriarchen Athenagoras und Papst Paul VI.
Ist das nicht ein wenig untergegangen?
„Nun, da war ja auch die Europawahl
und die Wahl in der Ukraine, viele Themen, die in der Öffentlichkeit einfach wichtiger
waren. Nur der Mauerbesuch und Teile von dem Besuch in Yad Vashem haben es in die
internationale Presse geschafft. Trotzdem möchte ich bei der Wichtigkeit dieses Stücks
der Reise bleiben. Es ist wie bei allen Freundschaften: Man muss sie pflegen. Besuche
machen, sprechen, mal über wichtige Dinge und mal einfach nur so. Und man muss Freundschaften
feiern. Und dann gedeihen sie. Das haben wir gesehen. Es ist noch nicht alles glatt,
zwischen den christlichen Kirchen gibt es noch viele Stolpersteine und nirgendwo wird
das so sichtbar wie hier in Jerusalem. Deswegen war die Reise wichtig und ich glaube
auch, dass alle anderen Konflikte, die auf dem Weg dem Papst begegnet sind und die
er angesprochen hat, auf diesen ökumenischen Prozess schauen können, was alles möglich
ist. Es war das Herzstück der Reise.“