2014-04-27 10:47:52

„Sie erinnern mich an Noah“ - Jüdische Delegation feiert mit


RealAudioMP3 Sie sind alle gekommen: Insgesamt 24 Staatsoberhäupter, zwei Königspaare und Vertreter von Religionsgemeinschaften. Unter den Gästen bei der Heiligsprechung ist auch eine jüdische Delegation. Auch wenn das Judentum keine Heiligen verehrt, ist die 20-köpfige Delegation gern angereist, um mit den Katholiken die Heiligsprechung von Johannes XXIII. und Johannes Paul II. zu feiern.


Es sei ein „historisches Ereignis“, sagt der Vorsitzende der nordamerikanischen Rabbi-Gemeinschaft, der Rabbiner Jay Rosenbaum voller Ehrfurcht. Diese doppelte Heiligsprechung sei ja auch für das Judentum ein wichtiger Moment, so Rosenbaum weiter – für ihn waren es Johannes XXIII. und Johannes Paul II., die die Beziehung zum Judentum grundlegend verändert haben.


„Es begann mit Johannes XXIII., der die 2000 Jahre alte katholische Doktrin geändert hat, und es möglich gemacht hat, dass Katholiken und Juden als Partner zusammenarbeiten können im Prozess, den wir im Jüdischen ,Tikkun ha-Olam‘ nennen: ,Die Welt reparieren nach dem Bild, das Gott für all seine Kinder bereit hält.‘ Es ging mit Johannes Paul II. weiter, der die Tiefe der Unmenschlichkeit verstanden hat und den Horror der Vergangenheit und der das Bedürfnis erkannt hat, dass sich etwas ändern muss – nicht nur theologisch, auch allgemein, in der Einstellung. Er war eine Inspiration für mich.“


Der argentinische Rabbiner und enge Freund von Papst Franziskus, Abraham Skorka, fühlt sich beiden heiligen Päpsten tief verbunden. Er schätzt den Einsatz Roncallis für die Juden während seiner Zeit als Nuntius in Athen und sieht in ihm „zweifellos“ den Initiator der guten Beziehung zwischen Juden und Katholiken. Johannes Paul II. habe diesen Prozess großartig weitergeführt:


„Johannes Paul II. verkörpert den Geist von Nostra Aetate: Nostra Aetate ist ein Geist, eine Absicht, eine Erklärung: ,Lasst uns von nun an eine andere Situation, eine andere Beziehung schaffen.‘ Die Geschichte ist die Geschichte und wir können die Geschichte nicht verändern. Was wir aber ändern können, das ist die Zukunft. Und er hat eine Menge getan…“


Der Rabbiner Skorka ist dem polnischen Papst für Vieles dankbar. Besonders möchte er sich am Tag der Heiligsprechung an diese drei Dinge erinnern:


„Johannes Paul II. hat den Tiber überquert. Zum ersten Mal nach Jahrhunderten jüdisch-katholischer Geschichte, ist ein Papst in eine Synagoge gegangen, um einen Rabbi und die besondere Gemeinde zu treffen, sie zu umarmen, mit ihnen zu beten. Der zweite Punkt ist die Schaffung von diplomatischen Beziehungen zwischen dem Vatikan und dem Staat Israel. Und das dritte ist das, was er auf das Blatt geschrieben hat, das er in die Klagemauer gelegt hat. Es waren Worte der Anerkennung der Fehler, die die katholische Kirche in der Vergangenheit gegenüber den Juden gemacht hat. Sehr, sehr harte Worte. Sehr wichtige Worte.“


Im Judentum gibt es keine Heiligenverehrung wie Katholiken sie kennen. Menschen, die ein besonders vorbildliches Leben im jüdischen Sinne leben, werden im Judentum zu „Gerechten“. Für Rabbi Skorka ist die Heiligsprechung eine „besondere Ehrerbietung, die Menschen zuteil wird, die im Geiste unserer Bibel wirklich Meister in ihrem Einsatz waren“:


„Natürlich, ein Heiliger zu sein, all diese Heiligsprechungen – das ist ein bisschen eigenartig für uns. Was aber nicht eigenartig für uns als Juden ist, ist die Anerkennung der Taten dieser beiden wichtigen Persönlichkeiten, dieser beiden außergewöhnlichen Persönlichkeiten. Deswegen werde ich diesen Moment mit der katholischen Kirche teilen, mit unserem Partner auf der Suche nach Gott und dem Schaffen einer besseren Welt.“


Der amerikanische Rabbiner Rosenbaum hätte sich von beiden Päpsten nicht mehr wünschen können, als genau das, was sie für den Dialog zwischen Juden und Christen getan haben. Das Engagement für den Dialog sieht er als persönliche Odyssee der Päpste, die nicht nur den Stil dieser beiden außergewöhnlichen Individuen widergespiegelt:


„Wir reden hier von Evolution, nicht Revolution. Beide sind mutige Individuen. Sie erinnern mich an Noah: Als Gott Noah im alten Testament beschreibt, spricht er von einem ,großen Mann in seiner Generation‘. Und sie waren großartig in ihrer Generation und sie haben es möglich gemacht, dass andere ihrer Spur gefolgt sind und an ihr Werk angeknüpft haben.. Und das ist ein Zeichen von Größe.“


Was den jüdisch-katholischen Dialog angeht, sehen beide Rabbiner optimistisch in die Zukunft. Vor nur wenigen Jahren wäre das so sicherlich nicht gewesen, gibt Rabbi Rosenbaum zu denken:


„Ich glaube, es ist spektakulär, dass ich, andere Rabbiner und andere Religionsführer hier in Rom jetzt zusammen gekommen sind, mit Millionen von Menschen und dass wir applaudieren und lachen und sogar weinen über die Größe dieses Moments. Der nächste Schritt wird sein, den Dialog an die Basis zu bringen, diese Botschaft der Liebe, der Hoffnung, der Partnerschaft. Die Menschen müssen es verstehen, sie müssen es fühlen und sie müssen zusammenarbeiten.“


In Papst Franziskus sehen die beiden Rabbiner einen starken Partner an ihrer Seite. Rosenbaum ist „tief gerührt“, dass Papst Franziskus „die beiden großartigen Männer“ gleichzeitig heilig gesprochen hat. Für den Papstfreund Skorka ist das eine klare Botschaft:


„Franziskus´ Licht und Franziskus´ Feuer kommen von Johannes XXIII. und Johannes Paul II. – Franziskus ist Franziskus, in sich selbst, er hat eine besondere Persönlichkeit. Aber jeder von uns ist nicht nur ein Mensch in sich selbst. Jeder von uns hat und braucht die Inspiration durch andere. Und ich bin mir sicher, sehr sehr sicher, dass Johannes XXIII. und Johannes Paul II. Beispiele für ihn sind und dass ihr Licht, ihr Feuer ihn erhellen.“


(rv 26.04.2014 ms)









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