Papstpredigt: „Habt keine Angst vor der Freiheit!“
Wir dürfen keine Angst
vor der Freiheit haben, die uns der Heilige Geist schenkt. Dies betonte Papst Franziskus
in seiner Predigt bei der heiligen Messe an diesem Mittwoch. Besonders vor zwei Versuchungen
müsse sich die Kirche in diesem Moment hüten: vor der Versuchung, rückwärts zu gehen,
sowie vor der Versuchung eines „pubertierenden Fortschrittsdenkens“. Am Gottesdienst
in der Kapelle des vatikanischen Gästehauses Santa Marta nahmen unter anderen Mitarbeiter
der Kongregation für die Institute des geweihten Lebens teil. „Denkt nicht, ich sei
gekommen, um das Gesetz aufzuheben!“ - der Papst ging bei seiner Predigt von diesen
Worten Jesu an seine Jünger aus, die aus dem Tagesevangelium des Matthäus stammen.
Franziskus betonte, dass dieser Abschnitt dem der Seligpreisungen folge, die „Ausdruck
des neuen Gesetzes“ seien, „das anspruchsvoller ist als jenes des Mose“.
Dieses
Gesetz sei „Frucht des neuen Bundes“, ohne den es nicht verstanden werden könne. „Dieser
Bund, dieses Gesetz ist heilig“, so der Papst, „weil es das Volk zu Gott führte“.
Der Papst verglich dieses Gesetz mit einer Knospe, die aufbricht und zu einer Blume
wird. Jesus, so der Papst, „ist der Ausdruck der Reife des Gesetzes“. Paulus spreche
dabei von zwei Zeiten, ohne jedoch die Kontinuität zwischen dem Gesetz der Historie
und dem Gesetz des Geistes zu unterbrechen.
„Die Stunde der Erfüllung des
Gesetzes“, so Franziskus, „die Stunde, in der das Gesetz zu seiner Reife gelangt:
das ist das Gesetz des Geistes. Das Vorwärtsgehen auf dieser Straße ist ein wenig
risikobehaftet, doch das ist die einzige Straße der Reife, um aus den Zeiten herauszutreten,
in denen wir nicht reif sind. Auf dieser Straße in Richtung der Gesetzesreife, die
eben gerade mit der Verkündigung Jesu entsteht, ist immer Furcht mit dabei, Angst
vor der Freiheit, die der Geist schenkt. Das Gesetz des Geistes macht uns frei! Diese
Freiheit macht uns ein bisschen Angst, weil wir befürchten, die Freiheit des Geistes
mit einer anderen, menschlichen, Freiheit zu verwechseln“.
Das Gesetz des
Geistes, fuhr Franziskus fort, bringe uns „auf eine Straße der beständigen Unterscheidung,
um den Willen Gottes zu tun“, und das „macht uns Angst“. Eine Angst, aus der sich
zwei Versuchungen ergäben: die Versuchung, rückwärts zu gehen, zu sagen, „bis hierhin,
aber nicht bis dort“, so dass man am Ende „hier“ bleibe. Diese Versuchung „ist ein
wenig die Versuchung der Angst vor der Freiheit, der Angst vor dem Heiligen Geist“.
Eine Angst, aufgrund derer „es besser ist, auf der sicheren Seite zu bleiben“, wie
viele dächten.
„Diese Versuchung rückwärts zu gehen, weil wir rückwärts
‚sicherer’ sind... Doch die volle Sicherheit liegt im Heiligen Geist, der dich vorwärts
bringt, der dir, wie Paulus überliefert, dieses Vertrauen schenkt, der anspruchsvoller
ist, weil Jesus uns sagt: ‚Amen, das sage ich euch: Bis Himmel und Erde vergehen,
wird auch nicht der kleinste Buchstabe des Gesetzes vergehen, bevor nicht alles geschehen
ist’. Das ist anspruchsvoller! Doch das gibt uns nicht diese menschliche Sicherheit.
Wir können den Heiligen Geist nicht kontrollieren: das ist das Problem! Das ist eine
Versuchung“.
Doch dann gebe es auch die zweite Versuchung, die aus einem
„pubertierenden Progressismus“ bestehe, der von der rechten Straße abkommen lasse.
Dessen Wesen sei es, eine Kultur zu sehen und von dieser keinen Abstand zu halten:
„Wir
nehmen hier ein bisschen und dort ein bisschen von den Werten dieser Kultur... Wollen
sie dieses Gesetz machen? Auf geht es mit diesem Gesetz. Wollen sie mit diesem oder
jenem weitergehen? Erweitern wir die Straße ein wenig. Am Ende, wie ich es sage, ist
das kein wahres Fortschrittsdenken. Das ist ein pubertierender Progressismus: wie
die Pubertierenden, die voll Begeisterung alles haben wollen, und am Schluss? Rutscht
man aus... Es ist, als sei die Straße vereist und das Auto rutscht weg und kommt von
der Straße ab... In diesem Moment liegt die andere Versuchung! In diesem Moment der
Kirchengeschichte dürfen wir weder rückwärtsgehen noch von der Straße abkommen!“
Die
Straße, betonte der Papst, „ist jene der Freiheit des Heiligen Geistes, der uns frei
macht, in der beständigen Unterscheidung des Willens Gottes, um auf dieser Straße
voranzuschreiten, ohne rückwärts zu gehen oder von der Straße abzufallen. „Bitten
wir um die Gnade“, so schloss Franziskus, „dass er uns den Heiligen Geist schenke,
um vorwärts zu gehen“.