Wenn Priester fehlen,
leidet das katholische Gemeindeleben, leidet im schlimmsten Fall auch der Glaube selbst,
weil die Seelsorge zu kurz kommt. Nun ist es so, dass der Mangel an Priestern heute
beispielsweise in Lateinamerika deutlich dramatischer ist als bei uns in Europa. Aber
der Mangel an Priesterberufungen ist in Europa weit höher. Aus Sicht der katholischen
Kirche ist das besorgniserregend, heißt es in einem Dokument der vatikanischen Bildungskongregation,
das am Montag veröffentlicht wurden; ein Dokument über Priesterberufungen. Um und
auf ist: Man muss vorhandene „Wachstumssignale“ erkennen und nutzen.
Nur eine
Zahl zum Vergleich. Um Jahr 2000 gab es in Europa rund 27.000 junge Männer, die sich
auf ihr Priesteramt vorbereiteten. Zehn Jahre später waren es nur noch 21.000. Was
kann man tun? Zum einen ist das Vorbild wichtig, heißt es in dem Dokument. Überzeugende
Priestergestalten führen zu mehr Berufungen, aber auch eine Familie, die ihren Glauben
gut lebt. Erfahrungen in karitativen Freiwilligendiensten könnten in einem jungen
Mann die Frage wecken, ob er vielleicht zum Priester berufen ist. Ministrant sein
oder ein so genanntes kleines Seminar besuchen kann ebenfalls hilfreich sein.
Unattraktiv
wird das Priesteramt in Europa, weil die Grenzen zwischen Priester und Laien zunehmend
schwinden – das ist eine These, die Kardinal Zenono Grocholewski bei der Vorstellung
des Dokumentes äußerte; Grocholewski ist Präfekt der vatikanischen Bildungskongregation,
die das Dokument verfasst. Einige Laien strebten nach priesterlichen Aufgaben, umgekehrt
gebe es Priester, die immer mehr weltliche Verpflichtungen wahrnähmen.
„Eine
solche Vermengung der Aufgaben ist eine maßgebliche Ursache für die rückläufige Zahl
von Priesteramtskandidaten in Europa. Sie hat eine „Krise der priesterlichen Identität“
ausgelöst. Die säkularisierte Mentalität und die falschen Vorstellungen, die es sogar
innerhalb der katholischen Kirche gibt, sind weitere Gründe für den Rückgang der Priesterberufungen.
Auch stellen wir fest, dass oft Eltern gegen den Beschluss ihrer Söhne sind, die Priester
werden wollen. Und ein weiterer Punkt ist auch der Missbrauchskandal, der viele junge
Männer bei ihrer Berufung ein Hindernis stellte.“
Grocholewski betont demgegenüber
einen „wesensmäßigen“ Unterschied zwischen Priestern und Laien.
„Die Aussage
des Zweiten Vatikanischen Konzils, dass alle Gläubigen eine Berufung hätten, bedeutet
keineswegs, dass das Amtspriestertum nur eine Berufung unter anderen ist. Allerdings
folgt daraus auch nicht, dass Priester höhergestellt oder heiliger sind als Laien.
Priester und Laien haben jedoch eine jeweils eigene Mission innerhalb der Kirche.“
Ein
weiteres Hindernis für Priesterberufungen ist der Zölibat, heißt es in dem Dokument
weiter. Allerdings nicht der Zölibat an sich, sondern die abnehmende gesellschaftliche
Akzeptanz dieser Lebensform. Für Verwirrung sorgten auch Pflichtverletzungen von Priestern
und insbesondere die Skandale um sexuellen Missbrauch. Überlastungen der immer wenigeren
Geistlichen und mancher überzogene Aktivismus könnten die “Leuchtkraft“ des Priesterbildes
zusätzlich trüben. Abermals mahnt der Vatikan in dem neuem Dokument zu einer sorgfältigen
Auswahl der Priesteramtskandidaten. Bei „grundlegender menschliche Schwäche“ sollte
die Berufungsüberlegung nicht weiter verfolgt werden.