Unser Buchtipp: Geschichte der Welt in hundert Objekten
Neil MacGregor:
Geschichte der Welt in hundert Objekten. Eine Besprechung von Stefan v. Kempis
Der
Leiter des Londoner „British Museum“ streift durch seine Sammlung, sucht sich hundert
Stücke aus – oft unscheinbare –, beschreibt sie und versetzt sich mit ihrer Hilfe
in die jeweilige Zeit und Weltgegend: ein Meisterstreich. Vom Kleinen, fast Zufälligen
ausgehend, von einer Teetasse zum Beispiel, einer altägyptischen Sandale oder einer
arabischen Kreditkarte, webt Neil MacGregor eine Welterzählung. Das ist eine narrative,
oft anekdotische, ganz und gar nicht eurozentrische Menschheitsgeschichte, eine Entdeckungsreise.
Man merkt dem flüssigen, äußerst lesbaren Text an, dass er ursprünglich für eine Radioserie
konzipiert wurde und nicht etwa als ein Ausstellungskatalog. Systematisch zieht der
Autor auch Künstler oder Intellektuelle unserer Zeit zu Rate, so kommen z.B. der anglikanische
Primas Rowan Williams oder der britische Rabbiner Jonathan Sacks zu Wort, wo es um
die Anfänge des religiösen Empfindens beim Menschen geht. Immer startet MacGregor
bei etwas Konkretem: einem Faustkeil, einem Stück Stoff, einer Solarlampe, einem Papyrusfetzen
mit mathematischen Gleichungen darauf. Hundert Objekte werden ihm zu hundert Fenstern
in die unterschiedlichsten Epochen der Geschichte. Schade nur – das ist der einzige
Wermutstropfen –, dass diesem prächtigen Band nicht auch noch eine oder zwei CDs mit
den ursprünglichen BBC-Sendungen beigegeben wurden: Natürlich wären die im englischen
Original, aber wer des Englischen mächtig ist, dem würde das zusätzlich noch ein besonderes
Hörvergnügen bereiten... Doch wie gesagt: Das ist der einzige Wermutstropfen. Die
„Geschichte der Welt in hundert Objekten“ ist ein ungewöhnliches Geschichtsbuch: ein
Buch der vielen kleinen Geschichten, aus denen sich allmählich das Netz der großen
Geschichte spinnt.
Das Buch ist im C.H. Beck Verlag erschienen und kostet etwa
40 Euro.