Vielerorts in der Weltkirche hat der neue Welttag der Armen zu Initiativen und Nachdenklichkeit geführt. Ein Beispiel: Österreich.
Erstens: Der Bischof
Caritas-Bischof Benno Elbs hat den Eindruck, dass der neue Welttag im Land „sehr gut angenommen“ wird. Das mache ihn zuversichtlich, sagte er der Nachrichtenagentur kathpress. Es gebe ein großes Bewusstsein dafür, dass zu Liturgie und Christsein wesentlich auch der Blick auf die Armen gehöre. Wachse die Empathie für Armutsbetroffene auf der persönlichen wie auch gesellschaftlichen Ebene, könne der Welttag auch das Bewusstsein verändern. Jeder Christ solle sich selbst fragen: „Hast du Freunde bei den Armen?“
Der Respekt vor einem armutsbetroffenen Menschen müsse so weit gehen, dass man
ihn als „heiliger Boden, vor dem es die Schuhe auszuziehen gilt“, betrachte. Jeder
Mensch sei schließlich nach christlichem Verständnis ein „Tempel des Heiligen Geistes“,
sagte Elbs, der als ausgebildeter Psychotherapeut auch auf die Beziehungsebene verwies:
Richtige Nächstenliebe sei immer ein „Ausgleich von Geben und Nehmen“ und von „symmetrischer
Kommunikation“ geprägt. Arme seien nicht nur Empfänger, sondern würden auch selbst
beschenken – „durch ihr Leben und durch die Fragen, die sie stellen“, so der Bischof.
Zweitens: Die Ordensfrau
Armut und deren Ursachen bekämpfen, dabei aber selbst in freiwillig gewählter Armut leben: Dieses Prinzip wird in katholischen Orden auf verschiedene Weise gelebt, wie die Präsidentin der Vereinigung der Frauenorden Österreichs, Sr. Beatrix Mayrhofer, darlegt. Das Gelübde der „Armut um des Himmelreiches willen“ werde in den einzelnen Ordensgemeinschaften sehr konkret gehandhabt und solle menschliches Elend nicht verklären, sondern vielmehr lindern und vorbeugen - und damit auch politisch wirksam sein, sagte die Provinzoberin der „Armen Schulschwestern von Unserer Lieben Frau“ im Interview mit Kathpress.
Wer in einen Orden eintritt, verpflichtet sich zu Armut, Keuschheit und Gehorsam.
Die drei Gelübde haben laut Mayrhofer sehr unterschiedliche Bedeutung im Verlauf einer
Ordensbiografie: Am Anfang sei der „große bewusste Schritt“ der Ehelosigkeit vordergründig.
Nötig sei in Folge tätige Gottes- und Nächstenliebe sowie Gemeinschaftsleben, „damit
die Persönlichkeit nicht verkümmert“. Gehorsam bedeute bedingungslose Bereitschaft
zum Einsatz dort, „wo die Gemeinschaft dies für am besten sieht“, was mitunter schmerzlich
sei. Die Armut hingegen begleite das gesamte Ordensleben und sei ein „bewusster Verzicht“
auf Möglichkeiten der Erfüllung eigener Wünsche. Mayrhofer: „Die meisten Ordensfrauen
verfügen nur über ein kleines Taschengeld.“
Die frei gewählte Armut sei für Angehörige des geweihten Lebens zuallererst eine Hilfe,
Gott näher zu kommen. „Wenn für mich das Handy, die Urlaubsreise oder das Auto so
eine Faszination bekommt, dass es an erster Stelle steht, dann haben der Herr Jesu
und ich ein Problem“, verdeutlichte die Präsidentin der heimischen Frauenorden. Sie
selbst sehe das Ordensleben und auch die Entbehrungen dadurch als „Gnade“: „Manchmal
gehe ich mit großem Vergnügen durch die Einkaufsstraßen und denke mir: Schön ist das
- aber ich brauche das alles nicht.“ Bewusster Verzicht befreie und schaffe eine Grundvoraussetzung
für spirituelles Leben und Gottesbegegnung. „Das kann jeder auch selbst ausprobieren.“
Drittens: Die Caritas-Präsidenten
Für einiges Aufsehen hat ein gemeinsamer Aufruf von drei österreichischen Caritas-Präsidenten zum ersten Welttag der Armen gesorgt. Österreichs künftige Bundesregierung müsse sich energisch für ein Ende der Steueroasen sowie für die Weiterentwicklung des Sozialstaates einsetzen, mahnten Michael Landau und seine beiden Vorgänger Franz Küberl und Helmut Schüller am Freitag in einer gemeinsamen Pressekonferenz. Zukunftsfähig sei die Gesellschaft dann, wenn sie „die Schwächsten nicht vergisst“, weshalb die neue Regierung dem Land eine „Mut-Injektion zum Guten“ geben müsse, so der Tenor. Der erstmalige gemeinsame Auftritt fand in den Räumlichkeiten einer Lebensmittel-Ausgabestelle im 15. Wiener Gemeindebezirk statt.
Papst Franziskus habe bei seiner Ausrufung des kirchlichen Welttags der Armen (19.
November) den bestmöglichen Zeitpunkt ausgesucht, befand Michael Landau. Monate nach
seiner heftigen Kritik im Juni 2017 an jenem Reichtum, der auf Illegalität und Ausbeutung
der Menschenwürde beruht, hätten nun die „Paradise Papers“ dem Kirchenoberhaupt recht
gegeben: 7,9 Billionen Euro seien weltweit in Steuersümpfen geparkt. „Allein in Österreich
wären die Einnahmen aus der Körperschaftssteuer ohne Steuerflucht um 13 Prozent höher“,
verwies Landau auf den Wirtschaftsforscher Gabriel Zucman. Auch davon müsse am Welttag
der Armen die Rede sein.
Landau sprach weiter von einem „handfesten Skandal“: „Unsere Politiker warnen seit
Monaten vor angeblicher Einwanderung in das Sozialsystem und billigen zugleich das
Auswandern und die Flucht in Steueroasen. Wenn arme Menschen auf Mindestsicherung
angewiesen sind, zeigt man schnell mit dem Finger hin und spricht von Sozialmissbrauch.
Wenn vermögende Menschen und große Konzerne keine Steuer zahlen wollen, spricht man
beschönigend von Steueroptimierung. Das eine ist strafbar, das andere legal oder allenfalls
ein Kavaliersdelikt. Das ist nicht gerecht.“ Österreich müsse sich bei seinem EU-Ratsvorsitz
2018 für eine Schließung der Steueroasen einsetzen, forderte Landau. „Wer keine Abgaben
in Europa zahlt, soll in Europa keine Geschäfte machen dürfen.“
Weiters pochte Landau auf den Ausbau des Sozialstaates. Die im Wahlkampf oft thematisierte
Sicherheitspolitik müsse breiter verstanden werden und auch die soziale Sicherheit
umfassen, da diese für den sozialen Frieden notwendig sei. Dazu gehöre konkret: Armut
statt Arme bekämpfen, „statt Sozialdumping eine einheitliche Mindestsicherung, die
an den Nöten der Menschen Maß nimmt“, Wohnbeihilfen und ein neues Mietrecht, „denn
die Themen Heizung, Energie und Wohnen haben die Mittelschicht erreicht“, Entlastung
geringer Einkommen und „Sicherstellung, dass Menschen wieder von ihrer Arbeit leben
können“, sowie beim Thema Pflege die Aufstockung des Pflegegeldes, der mobilen Dienste,
der Hospiz- und Palliativversorgung sowie der Angebote für Angehörige.
Direkte Kritik am künftigen Regierungschef übte Landaus Vorgänger Franz Küberl. Sebastian
Kurz hatte am Wahlabend den würdevollen Umgang der künftigen Regierung und des Parlaments
miteinander als Ziel angegeben. „Ja - selbstverständlich. Aber er hat den Satz zu
früh abgebrochen. Es geht darum, dass die Regierung mit allen Menschen respekt- und
würdevoll umgeht“, betonte der frühere Caritaschef. Auch die Globalisierungsverlierer
in die Zukunft mitzunehmen, sei „die löblichste Aufgabe einer Regierung“.
(kap 19.11.2017 sk)
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