2017-10-25 10:40:00

Österreich: Auswirkungen der Reformation bis heute zu spüren


Die Alpenrepublik Österreich gehört zu jenen deutschsprachigen Ländern, die zwar die Reformation historisch miterlebt, aber im Gegensatz zu Deutschland und zur Schweiz dennoch mehrheitlich katholisch blieben. Deshalb ist es eine Besonderheit, dass auch Österreich sogar auf Staatsebene der 500 Jahre der Reformation gedenkt.

Aufbruchsstimmung in Europa

Mit einem Empfang im Goldenen Saal des Wiener Musikvereins erreichten die Feierlichkeiten der Evangelischen Kirchen in Österreich zum Jubiläum „500 Jahre Reformation“ am Dienstagnachmittag ihren offiziellen Höhepunkt. Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Kardinal Christoph Schönborn richteten Grußworte an die rund 1.500 Gäste im bis auf den letzten Platz gefüllten Musikverein, darunter zahlreiche Repräsentanten der Kirchen im In- und Ausland sowie des politischen, kulturellen, wirtschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Lebens.

Luther habe mit seinen 95 Thesen eine Aufbruchsstimmung in Europa angestoßen, die alle gesellschaftlichen Bereiche erfasst habe und deren Auswirkungen bis heute zu spüren seien, sagte der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker. Auch heute brauche es Reformation: Freiheit und Verantwortung - unter diesem Motto steht das Jubiläumsjahr - seien dabei jene beiden Pole, an denen sich evangelisches Leben orientiert, sie bestimmten auch den Beitrag der Evangelischen „für das Ganze der Gesellschaft“, so der Bischof. Dieser Beitrag geschehe in „guter reformatorischer Tradition“ in erster Linie durch Diakonie und Bildung und verwirkliche sich im Engagement der Evangelischen für ein friedliches und auf gegenseitiger Achtung beruhendes Zusammenleben in der Vielfalt der heutigen Gesellschaft.

Zeugnis für die Kraft des Evangeliums

Luther habe nicht die Gründung einer neuen Kirche oder Konfession im Sinn gehabt „sondern allein das Zeugnis für die Kraft des Evangeliums hat ihn bewegt“. Das betonte Kardinal Christoph Schönborn in seinem Grußwort. Mit unermüdlicher Energie habe Luther den Kern des Evangeliums verkündigt und verteidigt. Die große Kirchenspaltung habe nicht zuletzt Luther selbst erschreckt. Die Kirchengeschichte jedenfalls sei nicht nur eine Geschichte der Spaltung, betonte der Kardinal. Von der Überzeugung der Kraft des Evangeliums ausgehend sei vielmehr vor allem auch „Erneuerung, Inspiration und Transformation und sehr viel Gutes im Kleinen wie im Großen“ geschehen. Entscheidend dabei sei die im Evangelium überlieferte Bitte Jesu, „dass alle eins seien“.

Kirche ist Lobby für jene, die keine haben

Das Mündigwerden des Einzelnen, der Ruf nach individueller und politischer Freiheit habe eine seiner Wurzeln in der Reformation, erklärte Bundespräsident Alexander Van der Bellen bei dem Festakt. Ob Luther selber das wollte, sei eine andere Frage, jedenfalls wäre diese Entwicklung ein „Kollateralnutzen der Reformation“ und ein „kostbares Erbe“, an das man sich dankbar erinnere. Der Weg von der Kirchenspaltung bis heute sei „lang und steinig“, es sei „nicht selbstverständlich, dass der evangelische Bischof und der katholische Kardinal heute nebeneinander sitzen“. Van der Bellen: „In meinen Augen besteht die Rolle der Kirchen darin, sich für jene einzusetzen, die keine Lobby haben.“

Hintergrund

Im Jahr 2017 erinnern die drei Evangelischen Kirchen in Österreich, die lutherische, die reformierte und die methodistische Kirche, an den Beginn der Reformation vor 500 Jahren. 1517 hatte der Wittenberger Theologe und Mönch Martin Luther 95 Thesen zur Erneuerung der Kirchen veröffentlicht und damit maßgebliche Veränderungen in allen Bereichen der Gesellschaft angestoßen.

(kap 25.10.2017 mg)








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