2017-10-02 14:59:00

Vatikan: Ein Schuhputzer trifft den Papst...


Es gibt da diese schöne Geschichte vom Tellerwäscher zum Millionär – halt, falsch, vom Schuhputzer zum Journalisten, und nicht zu irgendeinem Journalisten, sondern zum Gründer der amerikanischen Radio- und Fernsehstation ESNE, dem Papst Franziskus im vergangenen November ein ausführliches Interview gab. Die Rede ist von dem Mexikaner Noel Diaz. Ihn und seine Familie hat Papst Franziskus am Montag in Privataudienz empfangen. Die Bekanntschaft  zwischen dem 59-jährigen Journalisten und dem Papst reicht nunmehr eineinhalb Jahre zurück, als Franziskus Mexiko und Kuba besuchte.

Ein schuhputzender Journalist im Flugzeug

Auf dem Flug von Rom nach Havanna, während der traditionellen „Fliegenden Pressekonferenz“, schreitet Papst Franziskus wie gewohnt die Reihen ab und richtet an jeden der mitreisenden Journalisten ein persönliches Wort. Als die Reihe an Noel Diaz kommt, staunt der Papst nicht schlecht: Der gestandene Journalist bittet ihn, ihm die Schuhe polieren zu dürfen. Und während er das tut, erzählt er dem Papst seine Lebensgeschichte: als Kind in einer armen Familie musste er sich seinen Lebensunterhalt von klein auf selbst verdienen. Mit diesem Geld wurde auch sein Kommunionanzug angeschafft, sodass er, sagte Diaz damals bündig, nur dank seiner Schuhputzertätigkeit überhaupt zur Erstkommunion gehen konnte. Noch als Kind emigrierte Noel mit seiner Mutter in die Vereinigten Staaten. Er lebt heute in Kalifornien, wo er eine Radio- und Fernsehstation im Dienst der Neuevangelisierung aufgebaut hat.

Ein ausführliches Interview in der Casa Santa Marta

Franziskus war von der Begegnung mit dem tiefgläubigen und fleißigen Diaz offensichtlich stark berührt – man trennte sich mit dem Versprechen, einander wieder zu treffen. Und der Papst hielt Wort:

„Im August wurde ich durch eine Mail überrascht, in der stand, dass der Papst mit Pater Ortiz (dem Leiter der spanischsprachigen Abteilung von Radio Vatikan, Anm.) gesprochen habe und dass er erfahren habe, dass ich gerne ein Interview mit ihm führen würde - und dass er für dieses Interview zur Verfügung stünde“, erzählte der Journalist nach dem Interview Ende November 2016 unseren spanischen Kollegen. Überrascht war er nicht nur durch die Mail selbst, sondern auch durch den bescheidenen Ton, in dem diese verfasst war: „Am Ende hat er nicht mit Papst Franziskus unterschrieben, sondern nur mit Franziskus – charakteristisch für seine Bescheidenheit und einfache Art“, erzählte Diaz. „Er selbst war es auch, der mir das Datum genannt hat, an dem ich ihn in der Casa Santa Marta besuchen könnte.“

Ein Papst, der die Besucher selbst abholt

Und so kam es dann auch: Diaz und ein Kollege stellten sich zum verabredeten Zeitpunkt im vatikanischen Gästehaus Santa Marta ein, voller Spannung, wie es denn nun weitergehen würde. „Wir hatten eigentlich gedacht: Da kommt gleich jemand und holt uns ab, um den Papst zu treffen. Unsere Überraschung war groß, als der Papst selbst auf einmal hereinkam und mich und meinen Begleiter begrüßte. Wir haben uns erst ein bisschen unterhalten, dann sagte der Papst: Nun gut - wenn Sie mich interviewen wollen, dann können wir das jetzt aufzeichnen. Und so haben wir es gemacht. Während er redete, dachte ich daran, dass er einmal den Hirten empfohlen hatte, sie sollten rausgehen und den Geruch der Schafe annehmen: Genau das tat er hier. Da saß er und sprach mit einer Einfachheit mit mir, als wäre nichts dabei. Ich habe ihn um ein Wort zu den "hispanos" in den Vereinigten Staaten gebeten, die jetzt wegen des politischen Wechsels dort Angst haben. Und er fand spontan ein paar Worte der Hoffnung; dafür bin ich ihm sehr dankbar." 

Für Diaz und sein Team war das Interview und die ausführliche Begegnung mit dem Papst jedenfalls ein „Geschenk Gottes“, betonte er im anschließenden Gespräch mit Radio Vatikan. Persönlich war nun auch die erneute Begegnung mit Franziskus an diesem Montag: diesmal hatte der Journalist auch Frau und Kinder dabei. Weitere Details gab der Vatikan nach dem Treffen nicht bekannt.

(rv 02.10.2017 cs)








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